Heute ist der 3. November 2022. Ich habe mich morgens um 10.00 Uhr hingesetzt, um endlich meine Kritik zum neuen iPhone 14 Pro zu verfassen. Vor etwas mehr als einem Monat hat ein Kurier mir dieses überreicht. Eine unverbindliche Leihgabe von Apple, um mir selbst ein Bild ihres neuen Flaggschiffes zu machen.
Da ich es lieber etwas kompakter mag – letztes Jahr hatte ich deshalb das iPhone 13 Mini getestet – habe ich mich gegen das Pro-Plus-Modell entschieden. Technisch sind die beiden gleichauf, einzig die Bildschirmgrösse beträgt beim iPhone 14 Pro Plus 6,7 Zoll. Dem gegenüber steht das iPhone 14 Pro mit 6,1 Zoll, was für mich eine sehr angenehme Grösse ist.
Tja und da sitze ich nun und zerbreche mir den Kopf darüber, was ich über das iPhone 14 Pro schreiben soll. Eigentlich weiss ich es. Es ist ein gutes Gerät. Ein Hervorragendes sogar. Tatsächlich war ich in den rund sechs Wochen nicht imstande, etwas am neuen Modell zu finden, das ich in meinem Review so richtig schön kritisieren kann. Das ist gut für Apple, aber weniger gut für mich. Nicht, weil ich es liebe, negativ zu berichten, sondern weil es immer einfacher ist, zu kritisieren – nur schon, weil man sich heutzutage gerne mal dem Vorwurf ausgesetzt sieht, gekauft zu sein, nur weil man zu wenig Negatives zu berichten hat.
Aber in einem Review geht es darum, möglichst objektiv zu sein. Und wenn das heisst, dass ich dem iPhone 14 Pro ein Kränzchen winden muss, dann ist das nur richtig so. Eines vorneweg: Es ist nicht so, dass mich am iPhone 14 Pro gar nichts gestört hätte. Vor allem ein Punkt ist in meinen Augen etwas, das Apple beim iPhone 15 unbedingt verbessern muss – aber selbst das ist Motzen auf hohem Niveau.
Nun gut, schliessen wir die längste Einleitung meiner Testkarriere ab und beginnen mit dem eigentlichen Review.
Design und Verarbeitung
Optisch kommt das iPhone 14 Pro in etwa so daher wie die 13er-Modelle. Tatsächlich hat Apple auf den ersten Blick kaum etwas am Design geändert. Gewisse Unterschiede gibt es dann aber doch. So ist etwa der Kamerabuckel grösser geworden und auch die Platzierung der Tasten hat Apple ein wenig verschoben. Das führt dazu, dass Hüllen für das iPhone 13 Pro nicht auf das Nachfolgemodell passen.
Handhabung: Schwerer als gedacht
Überrascht hat mich das Gewicht des Gerätes. Mit 206 Gramm ist das iPhone 14 Pro im Grössenbereich von 6,1 Zoll kein Leichtgewicht. Zum Vergleich: Das beinahe gleich grosse Samsung Galaxy S22 wiegt beinahe 40 Gramm weniger. Auch das Sony Xperia 5 IV wiegt mit seinen 6,1 Zoll nur 172 Gramm.
Woher dieser doch recht grosse Gewichtsunterschied kommt, kann ich nicht sagen. Es dürfte wohl die Summe kleinerer Unterschiede beim Material sein. Apple setzt etwa auf einen Stahlrahmen, während Samsung auf Aluminium setzt. Insgesamt liegt das iPhone 14 Pro aber gut in der Hand. Dank des eckigen Designs ist es schön griffig und tendiert weniger dazu, einem aus der Hand zu flutschen.
Über die Verarbeitung gibt es nicht viel zu sagen. Von Apple muss man einwandfreie Qualität erwarten und das liefert das Unternehmen auch. Das iPhone 14 Pro wirkt hochwertig, so, wie man sich das gewohnt ist. Alles andere hätte mich auch überrascht.
Display
Letztes Jahr hat mich das Display des iPhone 13 Mini begeistert. Ich habe damals geschrieben:
«Wow! Es ist eine Weile her, dass ich ein Smartphone in die Hand genommen hatte und als Erstes dachte: Mensch, ist das ein gutes Display. Die Farben sind schön satt, aber eben nicht so stark, dass es wirkt, als hätte sich jemand am Sättigungsregler vergriffen. Was mich aber fast mehr beeindruckt hat, ist wie gestochen scharf das OLED-Panel des iPhone 13 Mini ist. Das Display ist dabei so gleichmässig ausgeleuchtet, dass man teilweise das Gefühl hat, einen hochwertigen Farbausdruck vor sich zu haben, denn einer Digitalanzeige.»
Ja, und was soll ich sagen? Auch beim iPhone 14 Pro hat Apple seine Hausaufgaben gemacht. Das Display ist gestochen scharf, die Farben überzeugen und auch bei starker Sonneneinstrahlung bleibt der Text gut lesbar.
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Always-on-Display feiert Premiere
Die grösste Neuerung beim Display ist das Always-on-Display. Apple hat sich lange Zeit damit gelassen, hat nun aber versucht, etwas abzuliefern, das Android-Smartphones in den Schatten stellt. Gelungen ist ihnen das nicht unbedingt.
Es ist so, dass Apple sich dazu entschieden hat, dass das Always-on-Display immer einen Hintergrund anzeigt. Das ist ein nettes Feature, wie ich finde, und hat mir gefallen. Was aber etwas irritierend sein kann, ist, dass das Always-on-Display Push-Nachrichten von Apps als Widget anzeigt. Und zwar alles.
So wird dann die Info, dass ich eben mit meiner Karte in der Migros bezahlt habe, genauso angezeigt wie eine neue WhatsApp-Nachricht. Das führte bei mir zu Beginn dazu, dass ich andauernd das Gefühl hatte, ich hätte eine neue Nachricht von einem meiner zahlreichen Messengern erhalten. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt, allerdings kenne ich einige Leute, die sich so daran gestört haben, dass sie das Always-on-Display nach wenigen Tagen deaktiviert haben.
Geschwindigkeit und Software
Bei Apple kommt alles aus einem Guss. Entsprechend sind wir uns gewöhnt, dass alles reibungslos funktioniert. Tatsächlich hat mein iPhone 14 Pro im Testzeitraum den einen oder anderen Aussetzer. Dreimal ist mir das Gerät bei ganz alltäglichen Dingen eingefroren. Erst nach gefühlt einer Ewigkeit reagierte das iPhone 14 Pro wieder wie gewohnt.
Eigentlich ist so etwas kaum eine Erwähnung wert, wäre es nicht Apple. Ein iPhone funktioniert normalerweise so reibungslos, dass es tatsächlich aussergewöhnlich ist, wenn es mal nicht so ist. Mittlerweile gab es aber bereits ein erstes Update und seither läuft alles flüssig.
Dynamic Island als Alleinstellungsmerkmal
Was mich beim iPhone 14 Pro noch bei der Präsentation begeistert hat, war die Dynamic Island. Wie kann es sein, dass in all den Jahren keiner der Android-Hersteller auf diese Idee gekommen ist? Hier hat Apple die gesamte Android-Welt wieder einmal an der Nase herumgeführt – sage ich als langjähriger Android-User.
Trotzdem muss ich aber auch sagen: Die Dynamic Island macht im Promovideo von Apple etwas mehr her, als in der Realität. Klar, alles, was wir im Promovideo sehen, funktioniert auch. Aber es sind eben oft kleinere Animationen, die zwischendurch vonstattengehen und dann gar nicht so auffallen, als wenn alles nacheinander vorgeführt wird, wie im Video.
Trotzdem sind die bisherigen Funktionen hübsch animiert und auch nützlich. Beispielsweise, wenn beim Abspielen von Musik das Cover des Songs winzig im Balken zu sehen ist, flankiert von einer kleinen Soundwave-Animation. Klickst du dann auf die Dynamic Island, landest du direkt in der Musik-App. Das ist zwar nur ein Detail, aber eben ein sehr elegantes und zeigt, warum iOS eine so gute User Experience bietet.
Auch wenn ich mich jetzt eher zum Lager der Fans der Dynamic Island zähle: Der Heilige Gral ist das Feature nicht. Vielleicht wird es das aber noch, denn wie bereits unzählige Videos in den sozialen Medien zeigen, arbeiten viele kluge Köpfe an diversen Anwendungsmöglichkeiten des Inselbalkens. So gibt es etwa bereits eine Version von Pong namens «Hit the Island», die den Balken als Gegenspieler nutzt.
Kamera
Kommen wir zum grossen Update. Apple hat die Hauptkamera von 12 Megapixeln auf 48 Megapixel aufgebohrt. Klar, Megapixel sind nicht alles, das hat Apple in den letzten Jahren gleich selbst mehrfach bewiesen. So hat etwa das iPhone 13 Pro das Samsung Galaxy S21 Ultra im Hinblick auf Fotos übertroffen – obwohl Samsung mit 108 Megapixel geworben hat.
Wenn also Apple sich dazu entscheidet, auf 48 Megapixel umzusteigen, will das etwas heissen. In erster Linie bedeuten mehr Megapixel natürlich, dass Bilder grössere Dimensionen haben. Wie andere Hersteller auch, nutzt Apple die 48 Megapixel aber nicht, um Bildern grössere Dimensionen zu verpassen, sondern für Pixel Binning. Sprich: Mehrere Pixel werden zu einem zusammengefasst. Der Vorteil: Bei schlechtem Licht werden Fotos wesentlich besser, selbst, wenn der Sensor wesentlich kleiner ist, als bei einer Systemkamera.
Zwei Linsen lösen weiterhin mit 12 Megapixel auf
Trotzdem ist es möglich, mit der Hauptkamera standardmässig mit 48 Megapixeln zu fotografieren. Dafür musst du in den Kameraeinstellungen unter Formate «Apple ProRaw» aktivieren. Nun erscheint eine neue Option, wo 48 Megapixel bereits vorausgewählt ist (und du optional auf 12 Megapixel umstellen kannst).
Aber Achtung: Wenn du diese Einstellung aktivierst, werden gewisse Fotos trotzdem mit 12 Megapixel gemacht. Die Tele- und Unltraweitwinkellinse lösen nämlich nicht mit 48 Megapixeln auf.
Und wie gut werden die Fotos nun mit dem neuen Kamerasetup des iPhone 14 Pro?
Die kurze Antwort? Sehr gut!
Einige Beispiel gefälligst?
Nein, die Kamera des iPhone 14 Pro ist gegenüber dem 13 Pro kein Quantensprung, trotz 48-MP-Kamera. Apple hat vor allem an den Details geschraubt und etwa den Nachtmodus noch ein kleinwenig verbessern können. Die grösste Neuerung bei der Kamera ist ein Feature, das vermutlich kaum jemand brauchen wird – auch wenn es ziemlich cool ist, dass das nun möglich ist:
Mit dem iPhone 14 Pro kannst du Fotos machen, bei dem nicht nur der Hintergrund verschwommen ist, sondern auch Objekte, die sich nahe vor der Kamera befinden. Damit kann man richtig spannende Fotos machen, allerdings eignet sich dafür nicht jedes Motiv. Für Fotograf:innen mit mehr Ansprüchen ist das aber definitiv ein spannendes Feature, das zum Ausprobieren motiviert.
Überzeugt hat mich das iPhone 14 Pro auch bei Makroaufnahmen. Mangels dedizierter Makrolinse muss man das mit dem Zoom bewerkstelligen, doch die Hauptkamera, in Kombination mit dem Zoom, liefern nach einigen Versuchen gute Ergebnisse.
Bei meinem Testfoto mit einer Hornisse werden selbst die feinen Härchen des Insekts ausgezeichnet von der Tiefenschärfe des Hintergrunds abgehoben. Die Farben sind dabei schön satt und auch die Schärfe überzeugt bis zu einer gewissen Vergrösserung.
Bleibt noch der Zoom bei normalen Aufnahmen. Hier merkt man, dass Apple auch beim iPhone 14 Pro nicht viel Liebe für dieses Feature übrig hatte. Das Smartphone macht seine Arbeit ordentlich, mehr aber auch nicht. Zoomst du Objekte, die etwas weiter entfernt sind, heran, verbleichen die Farben schnell und laufen ineinander.
Akku und Laden
Überrascht hat mich aber vor allem die Akkulaufzeit. Selbst bei starker Nutzung hält das iPhone 14 Pro ohne Probleme einen ganzen Tag durch. Damit kann das Ladekabel an einem normalen Arbeitstag getrost zu Hause bleiben. Einzig beim Laden dürfte Apple etwas mehr Gas geben. In der heutigen Zeit möchte ich mein Gerät nicht mehr fast zwei Stunden aufladen müssen, bis es wieder voll ist. Kurze Ladezeiten geben mir mehr Flexibilität in meinem Alltag, etwas, das ich mir auch von einem iPhone wünsche.
Ebenfalls unschön ist, dass Apple kabellose Ladegeräte ohne den eigenen MagSafe-Standard drosselt. Nutze ich etwa meine kabellose Ladestation von Huawei (die bis zu 50 Watt leistet), lädt das iPhone nur mit 7,5 Watt, statt mit 15 Watt. Ich vermute, das liegt daran, da Apple so den Verkauf seiner eigenen MagSafe-Produkte ankurbeln will. Aus unternehmerischer Sicht nachvollziehbar, aus Consumer-Sicht ziemlich uncool.
Pro/Contra
Fazit zum iPhone 14 Pro
Apple hat mit dem iPhone 14 Pro erneut ein tolles Smartphone abgeliefert. Nein, ein riesiges Update gegenüber dem 13 Pro ist es nicht. Stattdessen hat Apple an den Details geschraubt. Die Dynamic Island verpasst der Front einen frischen Look, genauso das Always-on-Display. Beide Features sind noch nicht perfekt, bieten aber ein interessantes Fundament, um darauf aufzubauen.
Bei der Kamera hat Apple erstmals seit Jahren die Anzahl der Megapixel erhöht. Das verbesser vor allem die Bildqualität bei schlechtem Licht. Dazu kommen noch ein paar weitere Features, die die bereits ausgezeichnete Kamera des iPhone 13 Pro weiter verbessern. Damit gibt sich das Kamera-Setup des iPhone 14 Pro keine Blösse und wird Laien wie auch Pro-User gleichermassen überzeugen.
Das Thema Laden ist der einzige Punkt, den ich dem Smartphone ankreiden kann. Schnell ist anders und dass Apple den Qi-Standard drosselt, ist uncool. Ansonsten bekommt man aber wie gewohnt ein hervorragendes Smartphone, das mit seiner Kombination aus Hardware und Software einen sorgenfreien Smartphone-Alltag garantiert.
Das iPhone 14 Pro ist ab sofort erhältlich. Preislich startet es bei 1179 Franken für die Version mit 128 GB internem Speicher.