Der eine oder andere hat es vielleicht gelesen: Nach ziemlich genau 12 Jahren bin ich von Android zurück zu iOS gewechselt. Seit mehreren Wochen begleitet mich nun das Apple iPhone 14 Pro Max im Alltag. Dieser Wechsel hat mich dazu bewogen, auch gleich meine langjährige Streaming-Box gegen das Apple TV 4K (2021) auszutauschen.
Ähnlich, wie beim Smartphone, begleitet mich Android auch auf dem Fernseher nun schon eine Weile. Ungefähr 2016 war es, als ich mir die erste Generation des Nvidia Shield TV gekauft habe. 2019 gönnte ich mir dann das Update auf die aktuelle Version. Die Streaming-Box von Nvidia läuft mit Android TV und hat auch in puncto Gaming so einiges zu bieten.
Kann da Apple TV mithalten? Ich habe es ausprobiert.
Wer braucht heute noch eine Streaming-Box?
Die Frage ist absolut berechtigt. Aktuelle Fernseher unterstützen schliesslich in der Regel ab Werk die gängigsten Streaming-Plattformen wie Netflix, Disney+ oder Amazon Prime Video. Hersteller, wie etwa TCL oder Sony, liefern ihre Smart-TVs gar mit dem Betriebssystem Google TV aus, dem quasi Nachfolger von Android TV. Eine zusätzliche Streaming-Box braucht es da nicht, könnte man meinen.
Bei einem aktuellen Smart-TV in der gehobenen Preisklasse, mag dies zutreffen. Sie sind (meistens) mit einem schnellen Prozessor bestückt und erhalten auch regelmässig Updates der Hersteller. Schaut man sich die TVs im Einsteiger- oder Mittelklasse-Segment an, da sieht es weniger rosig aus. Sie sind oftmals mit einem langsamen Prozessor bestückt und haben ein proprietäres OS installiert.
Bei diesen Smart-TVs lohnt sich eine Streaming-Box durchaus. Noch lohnenswerter wird es, wenn man noch einen alten Fernseher im Einsatz hat, der keine oder nur rudimentäre smarte Funktionen integriert hat. So ist es bei mir der Fall. Ich habe meinen Samsung-TV seit acht Jahren und sehe – bis auf das angestaubte Betriebssystem – keinen Grund, einen Neuen zu kaufen.
Du siehst, es gibt durchaus Gründe, die für eine zusätzliche Streaming-Box sprechen.
Apple TV 4K (2021): Die Highlights im Überblick
Ja, mir ist bewusst, dass Apple erst kürzlich eine neue Apple TV Generation präsentiert hat. Die Details dazu findest du hier. Folgendes zeichnet das Apple TV 4K aus dem Vorjahr im Wesentlichen aus:
- runderneuerte Fernbedienung mit Siri
- schneller A12 Bionic-CPU
- HDR- (bis zu 60 fps) und Dolby-Atmos-Support
- Anpassung der Farbbalance mit iPhone
- Unterstützung für HDMI 2.1 (eARC), Wi-Fi 6e und Thread
Hardware: Das steckt im schwarzen Gehäuse
Apple bringt die ganze Technik in einer hübschen kompakten schwarzen Box unter. Unter der Haube werkelt der Apple A12 Bionic, der auch im iPhone XR, XS und XS Max zum Einsatz kommt. Flankiert wird der Prozessor von 3 GB RAM. Damit läuft die Streaming-Box absolut flüssig und die Reaktionszeiten sind top. Kein Vergleich zum Betriebssystem, das auf meinem alten TV läuft.
Der interne Speicherplatz beläuft sich je nach Modell auf 32 oder gar 64 GB. Wer im Sinne hat, die Streaming-Box auch fürs Gamen zu nutzen, sollte eher zum Modell mit mehr Speicherplatz greifen. Die Games, welche über den AppStore installiert werden, benötigen teilweise ziemlich viel Speicherplatz. Für alle anderen, reichen die 32 GB locker aus.
HDMI 2.1 mit eARC und Dolby Atmos
Auf der Rückseite der Box gibt es einen HDMI 2.1- und einen LAN-Anschluss. Mit Strom wird die Streaming-Box durch ein zweipoliges Kabel versorgt. Dank HDMI 2.1 wird eARC (Enhanced Audio Return Channel) unterstützt. Wer beispielsweise eine Soundbar mit Apple TV betreiben möchte, wird dies schätzen. Denn nur so wird das Audiosignal in voller Auflösung via HDMI-Kabel übertragen. Dolby Atmos ist ebenso mit an Bord und sorgt für einen ausgezeichneten Raumklang.
Die Hardware erlaubt eine Auflösung bis 4K bei 60 Bildern pro Sekunde. Darüber hinaus verspricht Apple ein optimiertes HDR. Zu letzterem kann ich aus zwei Gründen nichts sagen: Erstens habe ich keine Ahnung, wie gut oder schlecht das HDR beim Vorgängermodell war. Zweitens unterstützt mein in die Jahre gekommener Fernseher gar kein HDR. Was ich sagen kann: Auch ohne HDR produziert das Apple TV ein sehr anschauliches Bild auf meinen TV.
Spannend: Apple TV fungiert als Smart-Home-Zentrale für Homekit und unterstützt Thread-Netzwerke. Kompatible Smart-Home-Geräte vernetzen sich dabei untereinander. Thread arbeitet ähnlich wie etwa ZigBee (Philips Hue) oder auch Mesh-Systeme.
Fernbedienung: Ein Highlight
Ich hatte vorher kein Apple TV im Einsatz, habe mir aber von alteingesessenen Nutzer:innen sagen lassen, dass die aktuelle Fernbedienung gegenüber der Alten ein Segen sei. Ich kann nur den Vergleich zur Fernbedienung vom Nvidia Shield TV ziehen. Da fällt zunächst mal die hochwertige Verarbeitung auf. Die Apple TV Fernbedienung ist aus einem Stück Aluminium gefertigt und liegt sehr angenehm in der Hand. Angenehm liegt auch die Fernbedienung von Nvidia in der Hand, allerdings ist sie komplett aus Plastik gefertigt. Das wirkt einfach nicht so wertig.
Die physischen Tasten weisen einen guten Druckpunkt auf und lassen sich auch “blind” ertasten. Im oberen Bereich hat Apple ein Clickpad integriert, das zu meiner Überraschung berührungsempfindlich ist. Es erinnert mich nicht nur an die guten alten iPod-Zeiten, sondern es lässt sich damit mittels Wischgesten sehr komfortabel und intuitiv durch die Menüs navigieren. Wer doch keine Lust auf Wischen hat, kann die Funktion in den Einstellungen deaktivieren.
Es kommt iPod-Feeling auf
Unterhalb des Clickpads gibt es fünf weitere Tasten, unter anderem eine Mute-Taste (Stummschalten), eine Lautstärke-Wippe und eine Zurück-Taste. Ganz oben rechts hat Apple jetzt auch eine Power-Taste integriert, womit die Streaming-Box und der TV (falls unterstützt) ausgeschaltet wird. Das gab es so beim Vorgänger offenbar auch nicht. Seitlich am Gehäuserand ist eine Taste für das Mikrofon bzw. für den Start von Siri (Apple’s Sprachassistent) eingelassen.
Batterien kommen bei der Fernbedienung nicht zum Einsatz. Apple hat ihr einen Akku integriert, der mittels Lightning-Port geladen werden kann. Schade, hat Apple nicht gleich auf den USB-C-Standard gewechselt. Immerhin befindet sich im Lieferumfang ein passendes Lightning-Kabel bei. Für mich ist die Fernbedienung zweifelsohne eines der Highlights beim Apple TV 4K (2021).
Übrigens: Wer noch ein altes Apple TV im Einsatz hat, kann sich die Fernbedienung auch separat dazu kaufen.
Software: Wie man es von Apple kennt..
Werfen wir einen Blick auf die Software. Im Test hatten wir die aktuelle Version tvOS 16 im Einsatz, die sich auch dank der hervorragenden Fernbedienung absolut intuitiv bedienen lässt. Alle installierten Apps werden übersichtlich auf dem Startbildschirm mit grossen Symbolen angezeigt. So kann sie auch jemand mit einer Sehschwäche noch erkennen. Die Bedienung ist flüssig und absolut ruckelfrei, so wie man das auch von den iPhones kennt.
In Zusammenspiel mit einem iPhone, das mit Face ID ausgestattet ist, kann die Farbbalance des Fernsehers angepasst werden. Dafür muss das iPhone an den Bildschirm gehalten werden, womit eine Messung stattfindet. Anschliessend wird die Farbbalance automatisch angepasst. Bei meinem Samsung-Fernseher konnte ich indes nicht wirklich einen Unterschied feststellen.
Apple bietet umfangreiche Einstellungsmöglichkeiten für ihre Streaming-Box. Für das Bild und für die Audioausgabe gibt es Einstellungen, die ich so noch auf keiner anderen Streaming-Box gesehen habe. Dazu zählt etwa die Möglichkeit laute Töne automatisch zu reduzieren oder die HDMI-Verbindung auf ihre Qualität zu testen. Gefallen hat mir auch der sehr einfache Wechsel der Benutzer:innen. Familienmitglieder können so rasch und unkompliziert den Account wechseln.
Perfekt ins Apple-Ökosystem integriert
Apple TV harmoniert wenig überraschend perfekt mit anderen Apple-Geräten. Via AirPlay gelangen Inhalte spielendeinfach vom iPhone, iPad oder gar MacBook auf den grossen Fernseher bzw. Apple TV. Wer die iCloud aktiv nutzt, wird auch alle Fotos und Videos auf dem TV haben – sofern man dies auch möchte. In dein Einstellungen lässt sich die iCloud bei Bedarf auch gänzlich deaktivieren.
Etwas mühsamer gestaltet sich das Zusammenspiel mit anderen Geräten (Android oder Windows). Der offene Standard DLNA wird etwa nicht unterstützt. Dafür werden natürlich alle AirPlay-fähigen Geräte unterstützt. Meine Sonos-Lautsprecher konnten jedenfalls problemlos gekoppelt werden. Auch via Bluetooth konnten Geräte mit Apple TV gekoppelt werden.
Mit DualShock 4- und weiteren Controller kompatibel
Im Apple AppStore gibt es ein umfangreiches Angebot an Apps und Games, die auf der Box installiert werden können. Ebenfalls ist Apple Arcade und Fitness+ vorhanden. Damit verwandelt sich das Apple TV entweder in eine kleine Gaming-Konsole oder in ein Fitness-Trainer. Auf letzteres habe ich aus Gründen verzichtet. Apple Arcade habe ich 2-3 Games ausprobiert, die allesamt ohne Probleme funktioniert haben. Bei den Games empfiehlt es sich ein kompatibles Gamepad zu verwenden. Dazu zählt etwa der DualShock4-Controller der PS4.
Was im AppStore von Apple leider fehlt, ist Kodi. Die sehr beliebte und kostenlose Mediacenter lässt sich (offiziell) nicht installieren. Erfreulicherweise gibt es dafür aber auch gute bis sehr gute Alternativen. Zum einen wäre da mal Plex. Das Mediacenter kann auch kostenlos genutzt werden, allerdings nur sehr eingeschränkt. Zum anderen gibt es Infuse. Es hat sich als hervorragender Ersatz für Kodi bewiesen. Filme vom NAS, egal welche Formate, werden ohne Probleme abgespielt. Okay, auch bei Infuse gibt es teilweise kostenpflichtige Funktionen, das ist der einzige Wermutstropfen.
Apple TV 4K: Pro und Contra
Apple TV 4K (2021): Das Testfazit
Apple TV 4K ist eine sehr gute Streaming-Box, die gleich in mehreren Punkten zu überzeugen weiss. Angefangen beim Betriebssystem. Es lässt sich intuitiv und sehr flüssig bedienen. Genial ist der HDMI 2.1-Anschluss, der eARC und damit auch Dolby Atmos unterstützt. Auch die Möglichkeit 4K-Inhalte mit bis zu 60 Bildern pro Sekunde und die ausgezeichnete Fernbedienung sollen nicht unerwähnt bleiben. Obendrauf erhalten Nutzer:innen viele Einstellungsmöglichkeiten und ein sehr umfangreiches App-Angebot.
Wer bereits im Apple-Ökosystem unterwegs ist, trifft auf ein perfekt mit Apple-Geräten harmonierendes System und wird den Kauf nicht bereuen. Wer hingegen Android und/oder Windows hauptsächlich einsetzt, wird zwangsläufig auf einige Einschränkungen stossen und sollte sich ein Kauf zunächst gut überlegen. Ihnen würde ich eher zu einem Google Chromecast mit Google TV oder Nvidia Shield TV raten.
Ob der hohe Preis für Apple TV 4K (2021) gerecht ist, das muss wie immer jeder für sich selbst entscheiden. Übrigens: Ab dem 4. November verkauft Apple den Nachfolger der von uns getesteten Variante.