Ich war bisher dreimal an der FMX in Stuttgart. Die Messe für Animation, Effekte, Games und immersive Medien, wie sie sich selbst umschreibt, hat jahrelang mit exklusiven Blicken hinter die Kulissen der Filmindustrie gelockt. Von grossen Studios wie Disney, Warner oder Universal bis hin zu kleinen Werbefirmen, die Visual Effects für indische Werbespots gemacht haben, war alles dabei.
In diesem Jahr fand die Messe nun das erste Mal wieder ohne umfassende Coronamassnahmen statt. Die Masken waren Geschichte und neu gab es zwischen den einzelnen Panels 15 Minuten Pause, damit man endlich mehr Zeit hatte, um den Raum zu wechseln, wenn nötig. Die FMX war also wieder ready, um mich zu begeistern. Nur tat sie das nicht. Woran das gelegen hat? Am Programm.
Netflix-Panels am Laufmeter
Es ist nicht so, dass die FMX keine interessanten Panels hatte. Es gab Vorträge zu Filmen wie «Slumberland», «Pinocchio» oder «Entergalactic». Auch Serienfans kamen mit Vorträgen zu «Sandman», «Stranger Things» oder «Kleo» nicht zu kurz. Und doch gibt es bei all diesen Titeln einen grossen Haken: Sie alle sind von Netflix. Die diesjährige FMX wurde von Panels zu Netflix-Produktionen dominiert. Klar, auch diese waren durchaus spannend, allerdings hinterliessen sie trotzdem einen faden Beigeschmack.
Wie gerne hätte ich hinter die computergenerierten Srienkulissen von «House of the Dragon», «Ted Lasso» oder «His Dark Materials» geschaut? Aber auch visuelle Hits wie «Bullet Train», «Matrix 4» oder irgendeiner der unzähligen Marvelfilme hätten sicher interessante Einblicke ermöglicht. Doch Studios wie Disney, Warner oder Universal scheinen der FMX in diesem Jahr keine Priorität eingeräumt zu haben. Klar, mit «Lightyear» gab es immerhin ein Panel zu einem Disney-Pixar-Film, dass dieses aber mit Abstand das Beste war, macht es nur noch umso trauriger, dass ansonsten grosse Flaute herrschte.
Illumination, die bisher eigentlich immer zugegen waren und sicher einiges über die Entstehung von «Minions 2» oder «Der Super Mario Bros. Film» zu berichten gehabt hätten, waren nicht da. Als wohl grösstes und wichtigstes europäisches Animationsstudio nicht an der wichtigsten Messe für Animation in Europa präsent zu sein, ist schon ein Ding.
Tonko House als positive Überraschung
Wieso die grossen Player im Film- und Serienmarkt vor allem mit Abwesenheit glänzten, ist unklar. Womöglich hat man bei Disney und Co. im Zuge des Streaming-Wettstreits kein Geld mehr, um an der FMX vor einem Fachpublikum über seine neuesten Errungenschaften im Visual-Effects-Bereich anzugeben. Apple TV+ war immerhin mit seinem Film «Ghosted» präsent, der aber kaum von Interesse war. Und das einzige Panel zu einer Produktion von Prime Video zu deren Vorzeigeserie «The Boys» wurde ohne Angabe von Gründen kurzfristig abgesagt. Und HBO? Die waren zwar mit «The Last of Us» präsent, allerdings gibt es dazu schon ein ausführliches, einstündiges Making-of auf Sky Show, das tiefe Einblicke gewährt.
Und so kam es, dass wir am dritten Tag nur in ein Panel gegangen sind. Dieses wurde von Tonko House gehalten, dem kleinen Animationsstudio hinter der mir bis dahin unbekannten Serie «Oni». Ein wundervoller Beitrag von zwei ehemaligen Pixar-Mitarbeitern, die ihr eigenes Studio gegründet haben. Mit vielen Einblicken in den Produktionsprozess haben sie ein lehrreiches und äusserst interessantes Panel gehalten, das mich positiv überrascht hat.
Messe muss nächstes Jahr mehr Abwechslung bieten
Betrachtet man aber, was die FMX in der Vergangenheit alles geboten hat, war das Programm 2023 schon ziemlich enttäuschend. Ich erinnere mich, wie Andy Serkis über «Planet of die Apes 2» gesprochen hat und wir sogar eine 20-minütiges, unfertige Vorschau des Films zu sehen bekamen. Oder wie der Head of Animation von Disney über «Frozen» über die Animation von gelbem Schnee lamentiert hat. Diese Vorträge, die einen Einblick in die Produktion von Mainstream-Filmen gibt und einem zeigt: Auch hinter Popcorn-Filmen steckt viel künstlerisches Herzblut, selbst, wenn sie am Schluss von den Kritiker:innen zerrissen werden.
Ich für meinen Teil weiss nicht, ob ich 2024 wieder an die FMX gehen werde. Zumindest in meinem Freundeskreis ist man der Meinung, dass man sich die 320 Euro für ein Ticket in Zukunft sparen will.