Anfang August hat Google zahlreiche neue Nest-Produkte präsentiert, darunter mit der Nest Cam eine neue Überwachungskamera für den Innen- und Aussengebrauch. Es ist der neueste Zuwachs in Googles Hardware-Portfolio. Im Gegensatz zur Pixel-Reihe, welche nach wie vor offiziell nicht in der Schweiz vertrieben wird, kann die Nest Cam direkt bei Google ab 199 Franken bestellt werden.
Google verspricht eine besonders intelligente Überwachungskamera, die dank Akkubetrieb besonders flexibel und standortunabhängig eingesetzt werden kann. Wie intelligent die Nest Cam im Endeffekt wirklich ist und was sie sonst noch alles auf dem Kasten hat, erfährst du auf den nächsten Zeilen. Wir haben sie über mehrere Woche für dich auf Herz und Nieren überprüft.
Das ist im Lieferumfang enthalten
Im Lieferumfang ist alles enthalten, was du zur Installation der Überwachungskamera benötigst. Neben der Nest Cam mit integriertem Akku, gibt es ein (zu kurzes) 1-Meter-Ladekabel, ein 15-Watt-Netzteil, eine Magnetplatte, eine Montageplatte, zwei Schrauben samt passender Dübel und die obligate Kurzanleitung.
Dank der starken Magnetplatte, kann die Nest Cam beispielsweise an einem Türrahmen oder anderweitigen magnetischen Oberfläche platziert werden. So ist es nicht zwingend notwendig, dass du zwei Löcher für die Montage in die Wand bohrst. Alternativ bietet Google ein Stativ für 35 Franken an, womit du sie beispielsweise auf dem Sideboard oder TV-Möbel aufstellen kannst.
Die Nest Cam ist witterungsbeständig gemäss IP54 und damit gegen Staub und Spritzwasser geschützt. Wasserdicht ist sie damit nicht und sollte folgerichtig nur im gedeckten Aussenbereich eingesetzt werden. Hier gilt es anzumerken, dass das mitgelieferte Ladekabel und Netzteil dafür nicht geeignet sind. Willst du sie im Aussenbereich nutzen, solltest du dir das optionale Outdoor-Kabel (5 oder 10 Meter) samt Netzteil für ca. 35 Franken dazu bestellen.
Ein kleines Manko zum Schluss: Google setzt auf einen proprietären, magnetischen Anschluss mit Pins und nicht auf den etablierten USB-C-Anschluss.
Die technischen Aspekte der Nest Cam
Die Überwachungskamera verfügt über einen 2-Megapixel-Sensor mit einer Auflösung von 1920 x 1080 Pixeln (FHD) bei 30 Bildern pro Sekunde. Damit auch brauchbare Aufnahmen bei Nacht entstehen, wird der Nachtsichtmodus von insgesamt sechs Infrarot-LEDs unterstützt.
Direkt über der Kameralinse befindet sich eine Status-LED. Sie leuchtet in Grün auf, wenn sie etwas aufzeichnet oder wenn jemand auf das Live-Bild zugreift. Die Status-LED kann nicht komplett deaktiviert werden, sondern nur in ihrer Helligkeit angepasst werden. Warum das? Google möchte damit verhindern, dass versteckte Aufnahmen entstehen.
Eine helle Lampe oder gar eine Sirene, zwecks Verscheuchung von ungebetenen Gästen, gibt es bei der Nest Cam nicht. Dafür ist ein Bewegungssensor mit 110 Grad Sichtfeld (horizontal) mit an Bord, womit ein genügend grosser Radius abgedeckt wird.
Weiterhin gibt es ein Mikrofon und ein Lautsprecher (Vollduplex-2-Wege-Audio), worüber auch aus der Ferne kommuniziert werden kann. Die Nest Cam verbindet sich via WLAN 802.11 b/g/n mit 2,4 GHz mit dem Internet. Ebenfalls ist in der Nest Cam ein Bluetooth-Modul integriert.
Erster Eindruck und Installation der Nest Cam
Wer bei der Nest Cam mit einer unscheinbaren Überwachungskamera gerechnet hat, wird enttäuscht. Sie ist mit fast 400 Gramm nicht nur kein Leichtgewicht, sondern mit 8,3 x 8,3 Zentimeter auch relativ gross und entsprechend auffällig. Dafür ist die Verarbeitung über jeden Zweifel erhaben.
Die Installation ist spielend einfach – setzt allerdings einen Google-Account voraus. Home-App auf deinem Smartphone starten, oben links auf das “Plus” klicken und das Setup für die Einrichtung eines neuen Geräts starten. Ab hier wirst du dann Schritt für Schritt durch die Installation und Montage geführt, angefangen mit dem Scan des QR-Codes. Der Schritt-für-Schritt-Assistent zeichnet sich durch verständliche Erklärungen und Animationen aus.
Die Einbindung in das WLAN-Netzwerk geschieht dabei völlig problemlos und grösstenteils automatisch. Nach ca. fünf Minuten war die Nest Cam bei uns bereits einsatzbereit.
Die Funktionen: Intelligent durch und durch
Die Nest Cam kannst du komplett über die Google Home-App verwalten, eine weitere Apps ist nicht notwendig. Das ist praktisch, vor allem dann, wenn du schon weitere Produkte, wie beispielsweise der Nest Hub, damit nutzt. Über die App kannst du deine Nest Cam nach deinen Wünschen konfigurieren – natürlich auch nach der Ersteinrichtung.
Innerhalb der App kannst du auswählen, in welchen Fällen du mit einer Push-Benachrichtigung informiert werden möchtest. Wünschst du nur eine Benachrichtigung wenn eine Person erkannt wird? Oder doch lieber auch wenn ein Tier und/oder ein Fahrzeug zu sehen ist? Oder einfach bei allen erfassten Bewegungen? Du hast die Wahl.
Über die sogenannten Alarmbereiche kannst du eine oder mehrere Zone(n) definieren, wo du Benachrichtigungen erhalten möchtest. Auch hier hast du die Wahl, ob bei Personen, Tieren, Fahrzeugen oder gleich bei allen Bewegungen. Dank dem grosszügigen Sichtwinkel, wird ein grosser Bereich abgedeckt.
Du kannst auch bestimmen, ob du die Benachrichtigungen nur dann erhältst, wenn du abwesend, also ausser Haus bist. Das klappt vorzüglich, wenn du die Anwesenheitserkennung innerhalb der App aktiv hast. Wohnst du nicht alleine, ist es empfehlenswert, auch die Smartphones deiner Mitbewohner miteinzubeziehen.
Google punktet mit einer hervorragenden Gesichtserkennung
Ausgezeichnet hat mir die neue Gesichtserkennung der Nest Cam gefallen. Erkannte Gesichter können über die Home-App mit einem Namen versehen werden. Bei künftigen Ereignissen werden die Gesichter dann korrekt dem Namen zugewiesen. Das hat im Test einwandfrei und ganz ohne Fehler geklappt – beeindruckend.
Im Test hat aber nicht nur die Gesichtserkennung hervorragend geklappt, sondern generell die Erkennung der Bewegungen und der verschiedenen Objekte. Tatsächlich gab es während der ganzen Testperiode keinen einzigen Fehler dabei. Das ist wirklich sehr beeindruckend und habe ich so bis jetzt noch bei keinem anderen Hersteller erlebt.
Die Verarbeitung und Auswertung all dieser Daten, geschieht übrigens voll und ganz lokal auf der Kamera. In die Cloud, also ins Internet, gelangen diese Aufnahmen nicht (mehr), verspricht Google. Eine wirklich tolle Neuerungen, insbesondere hinsichtlich Datenschutz.
Gutes Kamerabild und guter Ton
Der Livestream und die Aufnahmen sind gut und es lässt sich bei Bedarf ins Bild “zoomen” – was dann halt nicht mehr so knackig scharf ist. Google gibt hierfür einen sechsfach digitalen Zoom an. Bei Dunkelheit wird die Nest Cam von sechs Infrarot-LEDs unterstützt. Sie sorgen dafür, dass auch unter diesen schwierigen Bedingungen ein brauchbares Bild entsteht.
Im Gegensatz zu anderen Herstellern, bietet Google nur wenige und sehr rudimentäre Einstellungen für das Videobild an. Du kannst unter anderem die Videoqualität anpassen, die maximale Aufnahmedauer, die Empfindlichkeit des Bewegungssensors und Nachtsichtmodus. Etwaige Anpassungen am Bild, gibt es nicht.
Heimlich kann dir dank der Status-LED übrigens niemand mit der Nest Cam ins Wohnzimmer oder in den Garten blicken. Wird der Livestream oder eine Aufnahme gestartet, aktiviert sich automatisch die grüne Status-LED oberhalb der Kameralinse. Sie kann nicht komplett deaktiviert werden.
Dank Mikrofon und Lautsprecher, kann auf Wunsch aus der Ferne mit der Person im Bild (oder dem Tier?) interagiert werden. Der Ton ist dabei klar und deutlich.
Keine lokale Speicherung auf NAS oder Speicherkarte möglich
Vielleicht das grösste Manko der neuen Nest Cam: Du kannst nichts lokal abspeichern. Es gibt keinen microSD-Slot und es gibt auch keine Möglichkeit die Aufnahme lokal auf deinem NAS abzuspeichern. Sofern du Videoaufnahmen wünschst, werden diese in der Google Cloud gespeichert. Andere Optionen, gibt es nicht.
Google bietet hierfür eine kostenlose Variante an, welche dir die letzten drei aufgezeichneten Stunden in der Cloud speichert. Wer mehr möchte, der muss zum sogenannten Nest-Aware-Abo greifen. Es kostet je nach Funktionsumfang zwischen 6 Franken pro Monat oder 60 Franken pro Jahr (30 Tage ergebnisbasierter Videoverlauf) oder 12 Franken pro Monat oder 120 Franken pro Jahr für 60 Tage ergebnisbasierter Videoverlauf + 10 Tage lückenlose Aufnahmen.
Immerhin: Solltest du gleich mehrere Kameras bei dir einsetzen, musst du nicht für jede Kamera einzeln bezahlen. Zudem erhalten beide kostenpflichtige Nest-Aware-Abos eine noch bessere Objekterkennung und umfangreichere Aktivitätszonen. Du kannst das Abo innerhalb der Home-App verwalten.
Gelungene Integration ins Google-Ökosystem
Die Nest Cam fühlt sich im Google-Ökosystem pudelwohl. Der Livestream kannst du beispielsweise direkt auf einem Nest Hub (smartes Display) anzeigen. Das Bild ist dafür klar und deutlich zu sehen. Die Vollduplex-2-Wege-Audio funktioniert aus welchen Gründen auch immer nicht. Hoffe, das ändert sich mit einem künftigen Update.
Ansonsten ist die Kamera ebenfalls mit dem smarten Sprachassistenten Google Assistant kompatibel. Du kannst beispielsweise den Sprachbefehl “Hey Google, zeige mir die Wohnzimmer Cam” sagen und schon siehst du das Bild auf dem jeweiligen Gerät. Das klappt alles einwandfrei und nahtlos.
Der Akku: Hält und hält
Die Google Nest Cam ist bei mir seit ungefähr drei Wochen im Einsatz. Zu Beginn habe ich sie komplett aufgeladen. Seither hab ich sie ausschliesslich im Akkubetrieb genutzt. Der Akkustand verringerte sich dabei von 100 auf aktuell noch etwas über 70 Prozent. Dies, obwohl ich doch relativ häufig darauf zugegriffen habe.
Insgesamt liefert der Akku in der Nest Cam also eine sehr überzeugende Akkulaufzeit. Wer trotzdem keine Unterbrüche riskieren möchte, der kann sie selbstverständlich auch am Netz angeschlossen lassen.
Google Nest Cam: Die Stärken und Schwächen
Das Fazit: Die Nest Cam überzeugt
Mit der Nest Cam bietet Google eine sehr gute Überwachungskamera an. Dank dem integrierten Akku, dem guten Zubehör samt starker Magnetplatte und der Witterungsbeständigkeit, kann sie sowohl im Innen- als auch (gedeckten) Aussenbereich sehr flexibel eingesetzt werden.
Ausserordentlich gut gefallen hat uns die Objekt- und Personenerkennung, die sich während der mehrwöchigen Testphase keinen einzigen Fehler erlaubte und ganz ohne Cloud auskommt – beeindruckend. Die Bildqualität des Livestreams und der Aufnahmen ist gut, zählt aber nicht zuletzt wegen der limitierten Auflösung nicht ganz zu den besten in der Branche.
Weniger gut gefallen hat uns die Tatsache, dass die Aufnahmen nicht lokal auf einem Datenträger gespeichert werden können. Das ist doppelt ärgerlich, da der kostenlose “Speicherplatz” in der Cloud doch arg limitiert ist. Maximal drei Stunden ergebnisbasierter Videoverlauf gibt es. Damit wird nicht einmal eine ganze Nacht abgedeckt.
Auch sind die Einstellungen der Nest Cam stark limitiert, was die Überwachungskamera im Umkehrschluss dafür zugänglicher für nicht so versierte Nutzer macht. Wer sich nicht zu stark mit der Materie befassen möchte, der ist eigentlich Goldrichtig bei der neuen Cam von Google.