Der chinesische Hersteller Huawei hat heute auf einem grossen Event in Mailand seine neuen Wearables für Europa präsentiert. vybe war live für euch vor Ort und hat die Präsentation hautnah miterlebt. Unser Highlight war zweifelsohne das neue Pro-Modell der Huawei Watch GT 3, welche bereits vor wenigen Wochen in China präsentiert wurde.
Wir konnten die Huawei Watch GT 3 Pro bereits vor der offiziellen Europa-Ankündigung während knapp 10 Tagen ausprobieren. Huawei Switzerland war so freundlich und hat uns gleich das kleine und grosse Modelle zugesandt. In diesem ersten Test widerspiegeln sich unsere ersten Eindrücke. Wir werden zu einem späteren Zeitpunkt einen gewohnt ausführlichen Testbericht online stellen.
Huawei liefert ab: Materialien und Verarbeitung auf höchstem Niveau
Beide Modelle liefert Huawei in der altbekannten, aber bewährten Verpackung aus. Darin befindet sich zusätzliche Glieder für das hochwertige Armband aus Titan bzw. Keramik, eine Ladestation und die üblichen Kurzanleitungen. Während beim 46-mm-Modell die Glieder ohne zusätzliches Werkzeug gewechselt werden können, muss bei der kleineren Keramik-Version geschraubt werden. Huawei liefert dafür aber einen passenden und wertigen Schraubenzieher dazu.
In den letzten Jahren ist es Huawei gelungen, die Verarbeitung ihrer Smartwatches zu perfektionieren. Auch die Huawei Watch GT 3 Pro enttäuscht uns in dieser Hinsicht nicht – im Gegenteil. Sowohl die Titan-, als auch die Keramik-Version sind perfekt verarbeitet. Die Materialien fühlen sich sehr wertig an und so muss sich die Watch GT 3 Pro auch nicht vor teureren (mechanischen) Uhren verstecken. Im Vergleich zur normalen Watch GT 3, sind die Materialien auf einem noch höheren Niveau.
Trotz wertiger Materialien, fällt das Gewicht angenehm leicht aus. Das grosse Modell aus Titan wiegt ohne Armband ungefähr 54 Gramm und das kleinere Modell aus Keramik gar nur 50 Gramm. Der Bildschirm wird bei der Watch GT 3 Pro durch kratzfestes Saphirglas geschützt. Übrigens: Im Vergleich zur Huawei Watch 3 Pro, welche vor ungefähr einem Jahr lanciert wurde, fällt die Watch GT 3 Pro weniger wuchtig aus. Tatsächlich ist sie deutlich weniger dick, wie auch der direkte Vergleich zeigt.
Bei der Präsentation bewarb Huawei die Watch GT 3 Pro auch als “Tauchuhr”. Eigens dafür gibt es einen neuen Tauch-Modus, der Echtzeit-Daten für Taucher*innen liefert. Dazu zählt etwa die aktuelle Tiefe, Dauer der Aufstiegsdauer und die Tauchgeschwindigkeit. Allerdings erscheint uns die vom Hersteller angegebene Wasserdichtigkeit von 5 ATM (ca. 50 Meter) und eine IP68-Zertifizierung als etwas knapp.
Tolles Display, gewohnt starke Akkulaufzeit
Das AMOLED-Display ist vermutlich dasselbe, wie in der normalen Watch GT 3. Das soll nicht etwa eine Kritik sein – im Gegenteil. Das Display überzeugt mit tollen, knackigen Farben und einer guten Helligkeit. Auch im Freien kann das Display so problemlos abgelesen werden, was vor allem grad beim Sport ein wesentliches Kriterium darstellt. Beim Modell mit Titangehäuse misst das Display 1,43 Zoll und beim kleineren Modell aus Keramik 1,32 Zoll.
Gewohnt stark fällt die Akkulaufzeit aus. Das 46-mm-Modell soll laut Huawei bis zu 14 Tage erreichen. Bei starker Nutzung sollen noch bis zu acht Tage möglich sein. Das kommt ungefähr hin. Ich selber nutzte die Watch GT 3 Pro (46 mm) mit aktivem Always-on-Display (Bildschirm immer an) und kontinuierlicher Herz- und Blutsauerstoffmessung (SpO2) über die letzten sieben Tage – ohne Nachladen. Allerdings dürfte die Uhr mehr an die Steckdose müssen, wenn auch das GPS-Tracking öfters verwendet wird. Das kleinere Modell erreicht übrigens bis zu sieben Tage bzw. vier Tage bei starker Nutzung.
Beide Modelle lassen sich kabellos aufladen. Die Ladegeschwindigkeit konnte im Vergleich zur normalen Watch GT 3 um 30 Prozent erhöht werden. Das spürt man dann auch. Die Smartwatch lädt sehr flott und ist so schnell wieder einsatzbereit. Laut Huawei reichen 10 Minuten Ladezeit, um die Uhr locker für einen Tag nutzen zu können.
Bewährte Gesundheits- und Fitnessfunktionen, aber kein EKG für Europa
Huawei integriert bei der Watch GT 3 Pro den neuen TruSeen 5.0+ Sensor mit dem sich die Herzfrequenz, der Blutsauerstoff (SpO2), die Hauttemperatur, die Schlafphasen und das Stress-Level messen lässt. Bereits bei der Huawei Watch GT Runner konnte dieser Sensor mit einer erfreulich genauen Messung überzeugen – zumindest in Bezug auf die Herzfrequenz. Die anderen Werte, wie die Blutsauerstoffmessung, können wir mangels Referenzgerät nicht verifizieren.
Die Huawei Watch GT 3 Pro kommt mit weit über 100 verschiedenen Workout-Modi daher. So ziemlich für jede Sportart gibt es einen eigenen Modus. Wobei man sagen muss, dass nicht jeder Modus auch spezielle Funktionen mit sich bringt. Teilweise wird einfach nur die Zeit, der durchschnittliche Kalorienverbrauch und der Puls während des Workouts gemessen – mehr nicht. Diese Daten landen zuverlässig und nahtlos in der Huawei Health-App.
Es gibt aber auch andere Modi, wie der oben erwähnte Tauch-Modus, oder auch der Modus für Golfer*innen. Im Driving Range-Modus zeichnet die Uhr den durchschnittlichen Rückschwung, den durchschnittlichen Abschwung, die durchschnittliche Schwunggeschwindigkeit und natürlich die Herzfrequenz sowie den ungefähren Kalorienverbrauch. Da weder ich, noch sonst jemand in meinem Kollegenkreis golft, konnte ich den Driving Range-Modus nicht näher testen.
Dafür habe ich die Huawei Watch GT 3 Pro mal während einer halbstündigen Velotour getragen. Okay, ich muss hier eingestehen, dass ich dafür ein E-Bike von Publibike gemietet habe. Damit ging es dann mehr oder weniger quer durch Bern bis zu mir nach Hause. Hintergrund dieser kurzen Velotour? Ich wollte sehen, wie gut sich das GPS und die Herzfrequenz verhält. Beides ist so weit stimmig. Das GPS-Signal wird schnell hergestellt, zeigt aber die bekannten Schwächen bei der Genauigkeit in der Nähe von hohen Gebäuden oder im Wald.
Die Huawei Watch GT 3 Pro nimmt selbstverständlich auch die Rolle eines “Fitness-Trackers” ein. Sie zählt Schritte, berechnet die zurückgelegte Distanz, den Anstieg oder auch unsere Stress-Level und wie gut wir uns beim Schlafen erholt haben. All das klappt einwandfrei und die Daten landen nahtlos auf dem Smartphone. Über die Health-App erhält man schöne Diagramme und weitestgehend informative Hinweise über den aktuellen Gesundheitsstand.
In China wurde bei der Watch GT 3 Pro die EKG-Funktion in den Fokus gestellt. Bei der Präsentation in Mailand wurde über diese spannende Funktion kein Wort verloren. Unsere Befürchtung, dass die nötigen Zertifizierungen ausserhalb Chinas fehlen, haben sich leider bewahrheitet. Auch Huawei Switzerland bestätigte auf Anfrage, dass in der Schweiz die EKG-Funktion nicht verfügbar sei. Ob sie später mittels Software-Update nachgereicht wird, können wir zum Zeitpunkt des Tests nicht beantworten. Wir bleiben auf jeden Fall an diesem Thema dran.
Die fehlende EKG-Funktion ist ehrlich gesagt eine grosse Enttäuschung. Wenn Huawei mit den Mitbewerbern wie Apple und Samsung mithalten möchte, dann darf diese (sinnvolle) Funktion einfach nicht fehlen. Eine wertige Smartwatch reicht einfach nicht mehr aus, um Kunden für sich zu gewinnen. Und ja, günstig ist die Huawei Watch GT 3 Pro schliesslich auch nicht. Da muss einfach mehr kommen.
Die alten Schwächen bleiben – leider
Meine Enttäuschung über die fehlende EKG-Funktion habe ich bereits kundgetan. Leider sind auch weitere Schwächen, welche schon beim Vorgänger oder gar Vor-Vorgängermodell erkannt wurden, weiterhin bestehen.
Angefangen bei der Einrichtung der Smartwatch mit einem Android-Smartphone. Hierfür muss zwingend die Huawei Health App über die App Gallery von Huawei heruntergeladen werden, um den vollen Funktionsumfang der Uhr nutzen zu können. Die App im Google Play Store ist veraltet und wird offensichtlich nicht mehr aktualisiert. Unseren Informationen zufolge liegt es am anhaltenden US-Embargo. Die Schuld trifft Huawei also nur bedingt. Interessanterweise klappte die Einrichtung mit dem iPhone 12 meiner Frau problemlos.
Auf der Huawei Watch GT 3 Pro läuft das hauseigene Betriebssystem namens HarmonyOS 2. Das Betriebssystem überzeugt mit einem durchdachten Aufbau und einer flüssigen Bedienung über das Touchscreen sowie der dreh- und klickbaren Krone. Die zweite Taste am Gerät lässt sich individuell mit einer Funktion belegen. Standardmässig führt sie in den Trainingsmodus. All das ist gut gelöst und lässt keine Kritik zu.
Die bekannten Schwächen offenbaren sich unter anderem bei der Anzeige von Benachrichtigungen. Sie landen zwar zuverlässig vom Smartphone (Android und iPhone) auf dem tollen Smartwatch-Display, doch mehr als Text liegt da weiterhin nicht drin. Folgend ein paar Dinge, die so auch weiterhin nicht oder nur eingeschränkt funktionieren:
- Emojis? Verweigert die Uhr.
- Sprachnachrichten direkt auf der Uhr abhören? Geht nicht.
- Direkt auf Textnachrichten antworten? Geht, aber nur mittels vordefinierten Antworten.
- Eine eigene Antwort mittels Spracheingabe oder kleiner Tastatur eingeben? Geht nicht.
- E-Mails lesen? Geht nur stark eingeschränkt. Oder anders gesagt, es wird nur der Betreff und der Absender angezeigt.
- Auf der Smartwatch gelesene Benachrichtigungen werden immer noch auf dem Smartphone als ungelegen angezeigt
Kommen wir zum nächsten Punkt: Mobiles Bezahlen. Das kontaktlose Bezahlen über eine Smartwatch wird immer beliebter und auch ich habe es mit anderen Uhren schätzen gelernt. Bei der Huawei Watch GT 3 Pro ist zwar ein NFC-Modul integriert, das für das mobile Bezahlen unabdingbar ist, doch der passende Dienst (Huawei Pay) ist bis heute nicht in der Schweiz gestartet. Wo das Problem liegt, ist unklar. Möglicherweise findet Huawei schlichtweg keine Banken als Partner.
Nicht überzeugend ist weiterhin das App-Angebot für die Huawei-Smartwatches. Über das Smartphone kann zwar auf die App Gallery zugegriffen werden und es stehen auch ein paar Smartwatch-Apps zum Download bereit, doch wirklich spannende sind da nicht dabei. Unter “spannende Apps” verstehe ich beispielsweise eine Musik-Streaming-App, wie Spotify und Deezer, eine Sport-App wie Strava oder eine Navi-App wie Komoot.
All das sind Punkte, welche ich in letzter Zeit in jedem Testbericht zu einer Huawei-Smartwatch aufgeführt habe. Ja, es fühlt sich momentan irgendwie so an, als ob Huawei das Betriebssystem einfach nicht weiter bringt. Eine schöne Uhr ist ja gut und recht, aber viele Nutzer*innen erwarten von ihrer Smartwatch einfach mehr. Und ich sage es nochmals: Huawei wird es so gegen die starke Konkurrenz nicht leicht haben.
Das Zwischenfazit zur Huawei Watch GT 3 Pro
Huawei hat mit der Watch GT 3 Pro wieder einmal eine wunderschöne Smartwatch vorgestellt, die ich sehr gerne trage. Die Uhr zeichnet sich durch ihre hochwertige Erscheinung und Verarbeitung, dem hervorragenden Display sowie der überragenden Akkulaufzeit aus. Ebenso können die guten und umfangreichen Gesundheits- und Fitnessfunktionen als Pluspunkte aufgeführt werden.
Auf die EKG-Funktion habe ich mich nach der Präsentation in China am meisten gefreut, und ausgerechnet die fehlt jetzt. Es wäre ein tolles Verkaufsargument gewesen, doch offensichtlich fehlen (noch) die nötigen Zertifizierungen ausserhalb Chinas. Hintergrund: Smartwatches mit EKG-Funktion werden als medizinisches Gerät gehandelt und das bedingt einer zusätzlichen Zertifizierung.
Wir haben uns erhofft, dass Huawei in puncto Software mit dem Pro-Modell einen Schritt nach vorne macht. Doch das ist nicht eingetroffen. Bei Huawei herrscht leider seit einiger Zeit gefühlt ein Stillstand bei der Software. Viele der Schwächen, welche bereits bei den Vorgängermodellen von uns bemängelt wurden, sind weiterhin vorhanden. Irgendwie geht es einfach nicht vorwärts und das ist schade.
Funktionstechnisch sind die normale Watch GT 3 und das Pro-Modell mehr oder weniger identisch – auch weil, die EKG-Funktion hierzulande nicht funktioniert. So gesehen, ist die Watch GT 3 Pro einfach “nur” die wertigere Version der Watch GT 3. Da muss jeder für sich entscheiden, ob die besseren Materialien und das hübschere Design, was Ansichtssache ist, den höheren Preis rechtfertigen.
Huawei Watch GT 3 Pro: Verfügbarkeit und Preise für die Schweiz
Die Huawei Watch GT 3 Pro wird in der Schweiz mit 46-mm- und 43-mm-Durchmesser sowie mit unterschiedlichen Armbändern angeboten. Während das grössere Modell aus Titan gefertigt ist, setzt Huawei bei der kleineren Variante auf hochwertiges Keramik. Das 46-mm-Modell ist ab dem 18. Mai online ab 369 Franken erhältlich. Dafür gibt es die Watch 3 Pro mit einem Fluorelastomer-Armband. Das Topmodell mit Titan-Armband kostet 499 Franken.
Die kleinere Version aus Keramik kommt erst im Juni 2022 in den Handel. Ein genaueres Datum konnte uns Huawei noch nicht mitteilen. Dieses Modell der Huawei Watch GT 3 Pro gibt es wahlweise mit Leder- oder sehr hochwertigem Keramik-Armband. Preislich bewegen wir uns bei diesem Modell bei 499 (Leder) bzw. 599 Franken (Keramik).