Der Name der neuen Huawei-Smartwatch verrät es schon, an welche Zielgruppe sie sich richtet: Läufer*innen. Entsprechend sportlich sieht die Huawei Watch GT Runner dann auch aus. Der chinesische Hersteller möchte aber nicht nur mit einem sportlichen Design punkten, auch soll die Watch GT Runner dank Dual-GPS und einem optimierten Herzfrequenzsensor sehr genauere Ergebnisse für Sportler*innen liefern. Wir haben die Sport-Smartwatch unter die Lupe genommen.
Die Huawei Watch GT Runner ist ab sofort in der Schweiz für knapp 260 Franken (Stand 25.04.2022) erhältlich.
Aussehen und Display
Die Huawei Watch GT Runner gibt es in zwei Farbvarianten. Entweder man entscheidet sich für die “konservative” Variante in Schwarz oder man wählt die auffällige(re) Variante in Grau mit gelb eingefärbten Ösen. Letztere haben wir für diesen Test erhalten. Am Handgelenk trägt sich die Smartwatch äusserst angenehm. Dafür sind zwei Dinge verantwortlich: Einerseits das Gewicht von lediglich 52 Gramm und andererseits das super angenehme und dehnbare Kautschukarmband. Das Armband kann ohne zusätzliches Werkzeug gegen ein beliebiges 22-Millimeter-Armband getauscht werden.
Das niedrige Gewicht erreicht der chinesische Hersteller durch ein grösstenteils aus Kunststoff hergestellten Gehäuse. Für qualitativ hochwertige Akzente sorgen die Lünette aus Keramik und die dreh- sowie klickbare Krone aus Titan. Auf der Unterseite kommt ebenfalls hochwertiges Keramik zum Einsatz. Dort befindet sich der neue optische Herzfrequenzsensor (TruSeen 5.0+), jedoch keine Lade-PINs. Warum? Nun, die Smartwatch lässt sich kontaktlos via Wireless-Charging aufladen. Zusätzlich ist ein Lautsprecher und Mikrofon integriert, womit Telefonate geführt werden können. Eine SIM bzw. eSIM wird nicht unterstützt.
Der 1,43 Zoll grosse AMOLED-Touchscreen-Bildschirm zaubert mir immer wieder ein Lächeln aufs Gesicht. Er ist schön gross und besticht mit einer überragenden Auflösung und Helligkeit. Ja, das Display ist mehr als hell genug, um es auch bei direkter Sonneneinstrahlung nutzen zu können. Optional lässt sich die Always-on-Display-Funktion (AOD) in den Einstellungen der Smartwatch aktivieren, wobei die gar nicht zwingend notwendig ist. Denn die Uhr verfügt über eine ausgezeichnete Anhebeerkennung. Ab Werk sind zahlreiche Watchfaces (Zifferblätter) installiert, weitere können auf Wunsch über die Health-App heruntergeladen werden.
Inbetriebnahme unter Android weiterhin umständlich
Schwieriger als eigentlich nötig, gestaltet sich die Inbetriebnahme der Smartwatch mit einem Android-Smartphone. Warum? Nun, man muss zuerst einmal die richtige App erwischen, um die Uhr überhaupt nutzen zu können. Und nein, die richtige App ist leider nicht diejenige, welche im Google Play Store zu finden ist. Vielmehr muss die aktuelle Health-App über die sogenannte “AppGallery“, so der Name des Huawei-App-Stores, installiert werden. Bedeutet konkret: Zuerst muss die “App Gallery” auf dem Smartphone installiert werden und anschliessend noch die Health-App.
Nicht technisch versierte Nutzer*innen könnten an dieser Hürde unter Umständen bereits scheitern. Interessanterweise besteht das Problem nur bei der Einrichtung mit einem Android-Smartphone. Wer ein iPhone nutzt, kann einfach die App aus dem Apple AppStore verwenden. Eine andere Möglichkeit gibt es bei Apple bekannterweise sowieso nicht – zumindest offiziell nicht. Allerdings muss man sich im Klaren sein, dass die Nutzung mit einem iPhone andere Einschränkungen, wie die fehlende Karten-App oder Musik-Wiedergabe, mit sich zieht.
Die Huawei Watch GT Runner als Trainingsbegleiter
Mit der Watch GT Runner möchte Huawei Sportler*innen bzw. insbesondere Läufer*innen ansprechen. Was die Ausstattung betrifft, da ist sie ganz gut aufgestellt. Es gibt diverse Sensoren, darunter ein Beschleunigungssensor, ein geomagnetischer Sensor, ein Luftdrucksensor, ein Gyroskop und ein Herzfrequenzsensor der neuesten Generation namens TruSeen 5.0+. Huawei verspricht damit eine äussert genaue Ermittlung der Herzfrequenz und der Blutsauerstoffsättigung (SpO2). Das können wir so bestätigen – zumindest was die Herzfrequenz betrifft. Eine EKG-Funktion wird nicht unterstützt.
Dank Dualband-GNSS und der Integration der Antennen in den Steg der Uhr, erfolgt die Lokalisierung extrem schnell – vor allem im Freien. Die Genauigkeit geht in Ordnung, ist aber nicht besser (oder schlechter) als bei vergleichbaren Sportuhren aus dem Hause Polar oder Garmin. Die Huawei-Uhr hat dann auch mit denselben Problemen zu kämpfen: Hohe Gebäude oder Bäume beeinflussen die Genauigkeit und Positionierung. Vor allem Kurven kürzt die Watch GT Runner gerne ab, so dass ein paar Meter verloren gehen. Wer ab und an im Wald mit einer GPS-Smartwatch laufen geht, kennt dieses Problem bestens.
Beim Laufen macht die Watch GT Runner einen guten Eindruck und bildet die wichtigsten Funktionen direkt auf dem auch im Freien gut ablesbaren Display ab. Die Uhr kann Runden automatisch (bspw. jeden Kilometer) oder manuell via Tastendruck stoppen. Wer möchte, wird jeweils während eines Trainings via Lautsprecher (oder Bluetooth-Kopfhörer) über die Zwischenzeiten oder eines erhöhten Pulsbereichs informiert. Dies allerdings nur in englischer Sprache. Auch wird der Abstand zu einem virtuellen Läufer auf der Uhr dargestellt, welcher mit einem vorab errechneten Durchschnittstempo läuft.
Aus den Lauftrainings errechnet die Uhr den Running Ability Index (RAI) und fungiert dabei auch als Coach. Was ist der Running Ability Index? Das ist ein Wert, welcher die Huawei Watch GT Runner anhand der ermittelten Lauftechnik und der Leistung (Ausdauer) berechnet. Läufer*innen bekommen damit eine Prognose für Läufe über grössere Distanzen (5, 10, 15, 20 oder 42 Km). Nach Trainings errechnet die Uhr zusätzlich die Trainingsbelastung, Trainingsintensität und die Erholungsphasen, welche nach intensiven Trainings bekanntermassen unermesslich sind.
Sehr gut gefallen haben uns die Kurs- und Laufpläne, die in mehrere Kategorien (Anfänger, Fettverbrennung, Ausdauer und Herz-Kreislauf) unterteilt sind. Insgesamt 17 dieser Pläne können über die Health-App auf dem Smartphone abgerufen werden. Wer mit dem Laufen beginnen möchte oder auf ein bestimmtes Ziel hinarbeiten möchte, bekommt mit den Kurs- und Laufplänen aus unserer Sicht eine tolle Unterstützung geboten. Ob Huawei damit auch ambitionierte Läufer*innen ansprechen kann, können wir nicht beurteilen.
Die Huawei Watch GT Runner unterstützt insgesamt über 100 verschiedene Trainingsmodi. Sie eignet sich somit definitiv nicht nur zum Laufen, sondern kann beispielsweise auch beim Radfahren, Schwimmen oder auch etwas weniger populäre Sportarten wie Kendo verwendet werden. Bei den anderen Trainings gibt es jedoch keine zusätzlichen Funktionen, wie sie beim Laufen unter anderem mit dem Running Ability Index geboten wird.
Die Uhr verfügt über eine automatische Trainingserkennung. Sobald aktiv, wird anhand der Aktivitätsintensität erkannt, ob man grad am trainieren ist und erinnert daran die Trainingsaktivität zu starten. Dies funktionierte im Test problemlos beim Laufen und Gehen. Zudem verspricht Huawei, dass die automatische Trainingserkennung ebenfalls bei Cross- und Rudertraining funktioniert – mangels Möglichkeit, wurde dies nicht getestet.
Eine Navigationslösung bietet Huawei mit Petal Maps an. Dafür ist allerdings ein gekoppeltes Smartphone notwendig. In Zusammenspiel mit einem Android-Smartphone hat diese Funktion einwandfrei geklappt. Mit einem iPhone steht diese Funktion nicht zur Verfügung. Abgesehen von Petal Maps, welche wie erwähnt ein Smartphone voraussetzt, steht noch eine einfache Navigation zurück zur Verfügung. Hierbei wird einfach die Strecke als “Linie” und die Richtung auf der Smartwatch dargestellt.
Die Trainings werden direkt mit der Health-App auf deinem Smartphone synchronisiert. Das klappt gut und nahtlos. Ein Manko bleibt aber leider bestehen: Huawei bietet keine direkte Integration mit Drittanbieter-Apps wie Strava an. Auch lassen sich die Workouts/Trainings nicht via GPX- oder ähnlichem Dateiformat exportieren. Wer seine Trainings dennoch aus der Health-App, zum Beispiel zu Strava, exportieren möchte, kann dies mit der Drittanbieter-App Health Sync umsetzen.
Die Huawei Watch GT Runner als Aktivitätstracker
Die Huawei Watch GT Runner zeichnet zuverlässig all deine Aktivitäten (Schritte, Aktivitätsminuten, usw.) und Vitaldaten (Herzfrequenz, SpO2 und Schlafqualität) auf. Diese Werte werden anschliessend mit der Health-App synchronisiert und dort mit Diagrammen und weiterführenden Informationen aufgewertet. Randnotiz: Der Hauttemperatursensor, welcher bei der Huawei Watch 3 und Watch GT 3 integriert ist, gibt es bei der Runner nicht mehr. Nicht tragisch, zumal wir dessen Nutzen nie wirklich als sehr sinnvoll erachtet haben.
Wie genau das Schlaftracking ist, kann ich nicht wirklich beurteilen. Auf jeden Fall ist es aber spannend zu sehen, was da so über Nacht an Daten gesammelt werden. Der Schlaf wird nach den verschiedenen Phasen unterteilt, also nach leichtem Schlaf, Tiefschlaf und REM-Schlaf. Hinzu kommt eine Auswertung zur Atmungsqualität beim Schlafen. Anhand dieser Daten gibt uns die Health-App ein paar Tipps, wie der Schlaf optimiert werden kann.
Software und Bedienung
Die Huawei Watch GT Runner läuft mit HarmonyOS – genauso, wie die bereits erhältlichen Watch 3 und Watch GT 3. So nennt Huawei sein eigenes Betriebssystem, welches zumindest in China ebenfalls auf Smartphones zum Einsatz kommt. HarmonyOS läuft flüssig und lässt sich sowohl direkt über das Touchscreen, als auch über die drehbare Krone intuitiv bedienen. Die zweite Taste lässt sich individuell mit einer Funktion belegen. Standardmässig öffnet sie das “Trainingsmenü”.
Dank Lautsprecher und Mikrofon kann über die Smartwatch telefoniert werden – sofern ein gekoppeltes Smartphone in Reichweite ist. Autark, also ohne Smartphone, können keine Gespräche geführt werden, da die Watch GT Runner über keinen SIM-Slot oder eSIM-Unterstützung verfügt. Die Sprachqualität hat uns auf beiden Seiten positiv überrascht. Anrufe können auf Wunsch direkt über die Watch angenommen bzw. abgelehnt werden. Ein Zugriff auf die Anrufliste ist möglich, jedoch nicht auf das komplette Telefonbuch vom Smartphone. Einzig können ausgewählte Favoriten über die Health-App hinterlegt werden.
Benachrichtigungen vom Smartphone werden zuverlässig auf dem grossen Display angezeigt – sofern es sich dabei um Text handelt. Mit Emojis, Bilder oder gar Sprachnachrichten kann die Watch leider nichts anfangen. Auch lässt sich auf Nachrichten (SMS oder gängige Messenger) nur mittels vordefinierten Texten antworten. Diese lassen sich über die Health-App anpassen. Über die App kann man ebenfalls bestimmen, von welchen Apps Benachrichtigungen auf der Uhr landen sollen. Unpraktisch: Wird eine Benachrichtigung auf der Smartwatch gelesen, wird sie dennoch auf dem Smartphone als “ungelesen” angezeigt.
Über die Smartwatch lassen sich die wichtigsten Einstellungen direkt vornehmen. Wer jedoch mit den Kurs- und Trainingsplänen arbeiten möchte, kommt nicht um die Health-App auf dem Smartphone herum. Nur über sie kann ein Plan erstellt oder angepasst werden. Ebenfalls ist die App zwingend notwendig für das Übertragen von Musik auf den internen Speicherplatz der Uhr. Dann kann die Musik entweder über den Lautsprecher oder über Bluetooth-Kopfhörer ohne Smartphone angehört werden.
Im Gegensatz zur Huawei Watch 3, wo die App Gallery direkt auf der Uhr installiert ist, müssen zusätzliche Apps von Drittanbietern und neue Watchfaces über das Smartphone bzw. der Health-App auf die Watch GT Runner übertragen werden. Das gelingt tadellos. Allerdings ist das App-Angebot in der App Gallery weiterhin extrem eingeschränkt. Oder anders gesagt: Es gibt schlichtweg keine Apps von namhaften Anbietern. Spotify? Deezer? Strava? Komoot? Alles Fehlanzeige. Da sieht es bei WearOS und auch bei Garmin zweifelsohne deutlich besser aus.
Akku
Die bisher von uns getesteten Smartwatches von Huawei konnten sich alle mit einer hervorragenden Akkulaufzeit auszeichnen. Auch bei der Watch GT Runner wurden wir in dieser Hinsicht nicht enttäuscht. Die versprochenen 14 Tage Laufzeit konnten wir im Test nicht ganz erreichen. Allerdings war bei uns das Always-on-Display und die kontinuierliche Herzfrequenz- und Blutsauerstoffmessung aktiv, was wiederum den Akku doch etwas stärker belastet.
Realistisch betrachtet kommt die Huawei Watch GT Runner auf eine Laufzeit von gut einer Woche, was ein sehr guter Wert für eine Smartwatch darstellt. Nur so zum Vergleich: Eine Samsung Galaxy Watch4 erreichte bei uns im Test lediglich eine Laufzeit von etwas mehr als einem Tag. Das war allerdings vor dem grossen Software-Update, welches der WearOS-Smartwatch von Samsung eine spürbar bessere Laufzeit bescherte.
Laden lässt sich die Smartwatch kabellos und sehr komfortabel über das mitgelieferte Ladepad. Für eine Akkuladung von ca. 10 auf 100 Prozent benötigte die Uhr ca. 20 Minuten – ohne dabei extrem warm zu werden. Dank Wireless-Charging lässt sich die Watch GT Runner sogar via Reverse-Wireless-Charging mit einem kompatiblen Smartphone aufladen.
Und sonst so?
- Die Huawei Watch GT Runner verfügt über ein Gehäuse, welches bis zu 5 ATM wasserdicht ist
- In der Smartwatch steckt zwar ein NFC-Modul, das kann aber leider weiterhin nicht fürs kontaktlose Bezahlen verwendet werden. Es gibt schlichtweg keine kompatiblen Apps in der Schweiz
Huawei Watch GT Runner: Pro und Kontra
Huawei Watch GT Runner: Das Testfazit
Die Huawei Watch GT Runner ist eine leichte, aber dennoch hochwertige Smartwatch mit sportlichem Aussehen. Sie verfügt über alle Funktionen und Sensoren, welche Sportler*innen und insbesondere Läufer*innen benötigen. Hervorzuheben sind da etwa die guten Kurse und Laufpläne. Etwas mehr haben wir vom Dual-GPS bzw. Dualband-GNSS und dem neuen Antennendesign erwartet: Die Positionierung erfolgt zwar tatsächlich nochmals schneller als beispielsweise bei der Huawei Watch GT 3, die Genauigkeit (vor allem bei Kurven) ist aber leider nur geringfügig besser.
Das Betriebssystem HarmonyOS lässt sich intuitiv bedienen und läuft flüssig. Bei der Weiterentwicklung herrscht aber quasi Stillstand. Probleme, welche uns bereits vor knapp einem Jahr bei der Huawei Watch 3 aufgefallen sind, sind weiterhin vorhanden. Emojis werden nicht korrekt dargestellt und auch das Handling zwischen Smartwatch und Smartphone mit gelesenen Benachrichtigungen könnte bzw. müsste besser gelöst werden. Ganz abgesehen davon, gibt es in der App Gallery auch heute kaum sinnvolle Apps. Wir vermissen beispielsweise Strava, Komoot oder eine gute Musik-Streaming-App.
Alternative zur Huawei Watch GT Runner: Wer auf das sportliche Aussehen und der speziellen Funktionen für Läufer*innen (RAI und Dual-GPS) verzichten kann, der sollte sich mal die Huawei Watch GT 3 ansehen. Sie ist funktionstechnisch sonst mehr oder weniger identisch und ist aktuell ein paar Franken günstiger zu haben.