Hyundai IONIQ 5 N im Test: Ein Biest auf vier Rädern
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Fahrbericht Hyundai Elektroauto

Hyundai IONIQ 5 N im Test: Ein Biest auf vier Rädern

Bruno Rivas
Bruno Rivas

Inhaltsverzeichnis

n den letzten Jahren durfte ich das eine oder andere Elektroauto unter die Lupe nehmen. Immer wieder mal gibt es Fahrzeuge, auf die ich mich besonders freue. So geschehen zuletzt beim Elektro-Crossover Hyundai IONIQ 5 N. Es ist ein Elektroauto das polarisiert und gleichzeitig für Aufsehen sorgt - auch bei den eingefleischten Verbrenner-Fans.

Der Hyundai IONIQ 5N strotzt nur so vor Leistung. Auf dem Datenblatt entnehmen wir 650 PS und eine wahnsinnige Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in nur 3,4 Sekunden! Und ja, wir sprechen hier von einem Hyundai und nicht etwa von einem Fahrzeug eines etablierten Sportwagenherstellers. Braucht man 650 PS im Alltag? Wohl kaum! Macht es Spass? Auf jeden Fall!

Ich durfte mir während zwei Wochen mein eigenes Bild vom Hyundai IONIQ 5 N machen und das Biest auf vier Rädern auf Herz und Nieren testen.

Das bietet der Hyundai IONIQ 5 N

Der Hyundai IONIQ 5 N ist durch und durch auf Sport getrimmt. Bis zu 650 PS an Leistung stehen dem Elektro-Crossover im N Grin Boost zur Verfügung. Das Resultat? In nur 3,4 Sekunden beschleunigt der IONIQ 5 N auf 100 km/h. Die Spitzengeschwindigkeit ist erst bei 260 km/h erreicht. Letzteres konnten wir nicht testen, da in der Schweiz auf Autobahnen eine maximale Geschwindigkeit von 120 km/h gilt. Wir haben jedoch keine Zweifel daran, dass der IONIQ 5 N diese Höchstgeschwindigkeit im Alltag erreichen kann.

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Der IONIQ 5 N basiert auf dem Basismodell und damit auf der E-GMP-Plattform, wurde von Hyundai aber in jeder Hinsicht rennstreckentauglich gemacht. So verfügt das N-Modell unter anderem über zusätzliche Schweisspunkte, eine verstärkte Aufhängung der Lenkung, ein steifferes Fahrwerk und eine elektronische Differenzialsperre an der Hinterachse.

Doch damit nicht genug. Damit echtes Rennfahrerfeeling aufkommt, hat Hyundai zahlreiche Features integriert. Allen voran sind dabei die Features N e-Shift und N Active Sound+ hervorzuheben. Mit N e-Shift simuliert das Fahrzeug den Gangwechsel, wobei man sogar manuell über die Wippen am Sportlenkrad schalten kann. Mit N Active Sound+ gibt es drei verschiedene Motorensounds, die sogar auf Wunsch von Aussen zu hören sind.

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Auf all die oben genannten und noch vielen weiteren Features gehen wir im Laufe des Testberichts noch etwas näher ein. Preislich bewegt sich der Hyundai IONIQ 5 N bei knapp 80'000 Schweizer Franken. Angesichts der brachialen Leistung ein absolut vertretbarer Preis. Zudem bekommt man zu diesem Preis praktisch eine Vollausstattung geboten. Einzig das Glasdach und die Alcantara Sportsitze mit Sitzbelüftung und -heizung gibt es nur gegen Aufpreis.

Exterieur: Sportlich und aggressiv

Man muss die genauen technischen Daten des IONIQ 5 N nicht kennen, um zu ahnen, dass es sich nicht um ein herkömmliches Elektroauto handelt. Das aggressive und sportliche Äussere spiegelt genau das wider, was einen auch hinter dem Lenkrad erwartet. Am Heck fallen das N-Bremslicht und der markante Diffusor auf, der zusätzlich für eine bessere Aerodynamik sorgen soll. Die Frontpartie wirkt bullig und ist mit grossen Lufteinlässen versehen, die einerseits ebenfalls die Aerodynamik verbessern und andererseits die Technik dahinter kühlen. Seitlich setzt der markante rote N-Streifen einen auffälligen Farbakzent. Zudem ist der IONIQ 5 N mit breiteren Kotflügeln inklusive Lufteinlässen und fetten 21 Zoll Felgen ausgestattet.

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Wer mit seinem Auto nicht auffallen will, ist mit dem Hyundai IONIQ 5 N auf jeden Fall an der falschen Adresse. Ja, mit seinem bulligen und aggressiven Aussehen fällt man auf der Strasse und bei den Ladestationen auf. Immer wieder wurde ich beim Laden auf das Fahrzeug angesprochen und ernte viel Lob - auch von Tesla-Fahrern.

Interieur: Komfort trifft auf Sport

Wer schon einmal in einem IONIQ 5 gesessen hat, weiss, dass Hyundai weiss, wie ein Auto innen aussehen muss. Das ist auch beim IONIQ 5 N nicht anders, wobei die Sportversion hier und da noch eine Schippe drauflegt. Angefangen bei den superbequemen Sportsitzen inklusive Sitzheizung und -Lüftung sowie einem bei Dunkelheit beleuchteten N-Logo. Sie bieten einen sehr guten Halt, was beim IONIQ 5 N mit seiner brachialen Leistung auch dringend notwendig ist. Auch die Pedale und das Sportlenkrad mit zahlreichen zusätzlichen N-Tasten sind auf Sport abgestimmt.

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Doch an Komfort mangelt es dem IONIQ 5 N trotz der sportlichen Ausrichtung nicht. Nicht nur die vorderen Sportsitze sind äussert bequem, auch auf der verschiebbaren Rücksitzbank lässt es sich bequem reisen. Die Bein- und Kopffreiheit ist auf allen verfügbaren Plätzen gegeben. Dabei spielt es keine Rolle, ob eine grössere Person hinten sitzt. Ich jedenfalls hatte mit meinen knapp 1,90 m mehr als genug Platz. Für die Passagiere auf der Rücksitzbank stehen darüber hinaus USB-C-Ladeanschlüsse und eine herkömmliche Steckdose zur Verfügung.

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Hinzu kommen ein unglaublich üppiges Platzangebot und zahlreiche grosse Ablageflächen. Dank eines Kofferraumvolumens von 480 Litern bzw. 1540 Litern bei umgeklappter Rücksitzbank kann man auch mit der Familie und entsprechend viel Gepäck in den Urlaub fahren.

Infotainmentsystem: (zu) viele Modi

Der IONIQ 5 N ist wie jedes Auto heutzutage mit einem Infotainmentsystem ausgestattet. Ich würde sogar sagen, dass es mittlerweile ziemlich ausgereift ist. Jedenfalls habe ich während meiner zweiwöchigen Testfahrt keine Funktion vermisst und das System läuft so weit flüssig. Wer lieber Android Auto oder Apple CarPlay nutzen möchte, kann das natürlich tun. Mit dem IONIQ 5 N und dem IONIQ 5 2024 Facelift geht das auch ganz ohne Kabel, also Wireless.

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Was hingegen etwas verwirrend ist, sind die zahlreichen Modi. Ich würde sogar sagen, dass es Hyundai besonders mit den Fahrmodi etwas übertreibt. Es gibt gefühlt 1000 verschiedene Einstellungsmöglichkeiten, was zumindest zu Beginn für ziemlich viel Verwirrung sorgt. So gibt es etwa neben dem Sport-Modus, der normalerweise den leistungsstärksten Modi darstellt, auch noch den N-Modus. Vom N-Modus gibt es wiederum zwei verschiedene Modi, die nach Lust und Laune konfiguriert werden können.

Ja, für mich sind all das ehrlich gesagt zu viele Möglichkeiten. Aber klar, Hyundai möchte damit echte Motorsport-Enthusisasten ansprechen. Sie dürften ziemlich viel Spass daran haben, dass man so ziemlich alles am Auto nach den eigenen Wünschen konfigurieren und so hier und da noch mehr aus dem Elektro-Biest herauskitzeln kann.

Fahrbericht: Ein bisschen Spass muss sein...

Wie viel Spass kann man mit einem fast 2,2 Tonnen schweren Elektroauto wie dem Hyundai IONIQ 5 N haben? Viel, sehr viel! Doch zunächst die Fakten für die Zahlenfans unter uns: 650 PS, 3,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h und ein Drehmoment von bis zu 790 Nanometer. Wenn sich das nicht nach Spass anhört, dann weiss ich auch nicht weiter.

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Ein Schlag in die Magengrube, das beschreibt die brachiale Beschleunigung des IONIQ 5 N ziemlich gut. Das ist allerdings etwas, das auch andere Elektroautos bieten - teils sogar noch brachialer. Was den IONIQ 5 N aus meiner Sicht deutlich mehr auszeichnet und damit von anderen Elektroautos unterscheidet, sind die gebotenen Zusatzfunktionen N e-Shift und N Active Sound+. Beides ist so gut umgesetzt, dass man wirklich das Gefühl hat, mit einem Verbrenner unterwegs zu sein. Wer will, kann mit den Schaltwippen am Sportlenkrad sogar manuell schalten. Dabei werden die Übergange absolut realistisch simuliert. Ob man das braucht? Nicht wirklich, aber es ist beeindruckend, wie gut Hyundai das hinbekommen hat.

Damit holt Hyundai sogar eingefleischte Verbrennerfahrer ab. Ein Nachbar von mir war von der Umsetzung des künstlichen Sounds und der Gangschaltung extrem überrascht - positiv, versteht sich. Sein Fazit nach einer kurzen Ausfahrt: "Das fühlt sich mindestens so gut an wie in meinem BMW." Wohlgemerkt, er fährt einen BMW mit knapp 400 PS. Also auch ein auf Leistung getrimmtes Fahrzeug. Das Schöne am IONIQ 5 N: Wer keine Lust auf die künstliche Schaltung oder den Motorsound hat, kann beides abschalten.

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Es sind aber nicht nur die "Fake-Features", die den IONIQ 5 N zu einem aussergewöhnlichen und sehr gut abgestimmten Fahrzeug machen. Das Fahrwerk ist im "normalen" Fahrmodus straff und wird im Sport- oder N-Modus noch straffer. Die Lenkung ist sehr direkt, was vor allem auf kurvenreichen Strecken viel Spass macht. Zum Beispiel bei der Fahrt auf den Gurnigel. Der Gurnigel ist ein Pass im Kanton Bern mit entsprechend vielen Kurven. Dort mit dem IONIQ 5 N hinaufzufahren, macht wieder viel Spass und zaubert unweigerlich ein Lächeln auf die Lippen - zumindest bei all denjenigen, die keinen schwachen Magen haben.

Drift-Fans kommen mit dem IONIQ 5 N ebenfalls voll auf ihre Kosten. Dafür hat Hyundai einen speziellen Drift-Mode entwickelt, den wir unter anderem auch schon vom Kia EV6 GT kennen. Damit kann mit dem 650 PS Biest fast ohne Vorkenntnisse gedriftet werden. Auf einem privaten Gelände hat dies erstaunlich gut funktioniert. Und nein, ich hatte bis anhin keinerlei Drift-Kenntnisse.

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Was gibt es sonst noch zum IONIQ 5 N in Bezug auf das Fahrverhalten festzuhalten? Er bietet wie auch das Basismodell über zahlreiche Assistenzsysteme. So gibt es einen automatischen Spurwechselassistent, der grundsätzlich ganz gut funktioniert. Allerdings setzt dieser voraus, dass die Hände aktiv am Lenkrad sind und auch eine aktive Gegenbewegung gemacht wird. Ansonsten bricht er den Spurwechsel automatisch ab.

Eine sehr willkommene Neuerung hat Hyundai in Bezug auf den akkustischen Tempolimitwarner softwareseitig integriert. Dieser ist aufgrund einer EU-Richtlinie bei Neufahrzeugen obligatorisch und aktiviert sich bei jedem Fahrzeugstart aufs Neue. Bei älteren Modellen konnte der Tempolimitwarner nur umständlich über die Einstellungen deaktiviert werden. Beim IONIQ 5 N lässt sich dieser nun bequem über das Halten der Mute-Taste aktivieren bzw. deaktivieren. Übrigens, auch die älteren Modelle erhalten diese kleine, aber feine Funktion mittels Software-Update.

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Reichweite und Laden: Sprechen wir Klartext

So viel Leistung zieht folgerichtig an der integrierten 84-kWh-Batterie. Offiziell gibt Hyundai eine WLTP-Reichweite von bis zu 448 Kilometern an. Realistisch ist diese Angabe im Alltag nicht. Auch bei normaler Fahrt (Mix aus Landstrassen und Autobahn) verbraucht der IONIQ 5 N auf 100 Kilometer locker über 23 kWh. Wer sportlicher Unterwegs ist, der muss dann eher gegen die 30 oder mehr kWh rechnen. Realistisch gesehen sprechen wir somit von einer Reichweite von etwas über 320 Kilometer bei zurückhaltender Fahrweise.

Dank 800-Volt-Technologie lässt sich die integrierte Batterie immerhin super schnell wieder aufladen. Von 10 auf 80 Prozent ist sie in ungefähr 20 Minuten aufgeladen, sofern eine passende Schnellladestation angefahren wird. Maximal 260 kW standen bei entsprechenden Schnellladestationen auf dem Display. Diese Geschwindigkeit hält der IONIQ 5 N bis ungefähr 70%, dann halbiert sich die Leistung. Damit die Batterie die optimale Temperatur am Schnelllader hat, lässt sie sich entweder automatisch, wenn eine Schnellladestation als Route hinzugefügt wird, oder auch manuell über die Einstellungen vorkonditionieren.

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Das Testfazit zum Hyundai IONIQ 5 N

Aktuell verkauft Hyundai den IONIQ 5 zum Aktionspreis von knapp 77'000 Franken. Ein Preis, der angesichts der brachialen Leistung und der hochwertigen Grundausstattung absolut gerechtfertigt ist. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass es bei der Konkurrenz kein vergleichbares Elektroauto gibt, das ein solches Gesamtpaket bietet.

Der Hyundai IONIQ 5 N ist durch und durch ein Sportwagen. Die Hyundai-Ingenieure haben sich mächtig ins Zeug gelegt und viele, für den Normalfahrer vielleicht zu viele Funktionen integriert. Fast alle Einstellungen am Fahrzeug können manuell vorgenommen werden. Das mag den einen oder anderen überfordern. Mich jedenfalls haben die vielen Einstellmöglichkeiten anfangs erschlagen. Ich sehe das aber nicht als Nachteil.

Ein Nachteil ist die begrenzte Reichweite. Wer mit dem IONIQ 5 N flott unterwegs sein will, kommt maximal 250 Kilometer weit. Selbst bei zurückhaltender Fahrweise kommt man mit dem IONIQ 5 N nicht viel weiter als etwas über 300 Kilometer. Das reicht zwar im Alltag normalerweise aus, sorgt auf längeren Reisen dafür aber für mehr Zwangspausen - was nicht unbedingt schlecht ist. Immerhin ist der IONIQ 5 N dank 800-Volt-Technologie schnell wieder aufgeladen.

Kurzum: Der Hyundai IONIQ 5 N bietet jede Menge Fahrspass, kombiniert mit einer hochwertigen Grundausstattung. Wer ein Elektroauto mit (sehr) viel Leistung sucht und bereit ist, Kompromisse bei der Reichweite einzugehen, sollte den Hyundai IONIQ 5 N auf jeden Fall auf dem Zettel haben.