Der Hyundai IONIQ 6 Launch Edition
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Elektroauto Fahrbericht Hyundai

Hyundai IONIQ 6 im Test: So schlägt sich die Elektro-Limousine

Bruno Rivas
Bruno Rivas

Dass eine gute Aerodynamik bei Elektroautos der Schlüssel zu einer hohen Reichweite ist, das ist ein offenes Geheimnis. Und genau da setzt der IONIQ 6 von Hyundai an. Im Gegensatz zum Elektro-SUV IONIQ 5, der deutlich kantiger daherkommt, gibt es beim IONIQ 6 eine stromlinienförmige Karosserie. Das Resultat: bis zu 583 Kilometer WLTP-Reichweite mit der stärksten Variante mit Dual-Motor und einer Leistung von 239 / 325 (kW / PS).

Die Elektro-Limousine von Hyundai hat aber noch viel mehr zu bieten. Wie der IONIQ 5, der Kia EV6 und EV9 setzt Hyundai auf die 800-Volt-Plattform. Das heisst, du darfst dich unter anderem auf Aufladen mit bis zu 350 kW, bidirektionales Ladeneiner Leistung von bis zu und einem Head-up-Display mit Augmented-Reality-Funktion freuen.

Ja, ich war sehr gespannt auf den Hyundai IONIQ 6, den ich während zwei Wochen ausfahren durfte. Nach zwei Wochen und etwas mehr als 1000 Kilometer bin ich jetzt so weit ein abschliessendes Fazit zum spannenden Elektroauto von Hyundai zu ziehen.

Du magst nicht so viel Text lesen? Dann schau dir unser Videotest an.

Das Testfahrzeug Hyundai IONIQ 6 Launch Edition AWD

Mir wurde der Hyundai IONIQ 6 in seiner stärksten Variante ausgehändigt. Wir sprechen hier von einem Dual-Motor mit einer Leistung von 239 / 325 (kW / PS) und einem maximalen Drehmoment von 605 Nm, was in einer Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 5,1 Sekunden resultiert. Die Batterie liefert eine Kapazität von 77,4 kWh und laden lässt er sich mit bis zu 350 kW an einem Schnelllader. Die Ladeleistung an einer Wallbox beträgt 11 kW. Optionale 22 kW gibt es leider nicht. Im Preis von 70'200 Franken sind bis auf die digitalen Rückspiegel (1800.- Franken), die bei unserem Testauto nicht vorhanden waren, und die Lackierung in Gravity Gold (1400 Franken) alle Optionen bereits enthalten.

Der Eindruck von Aussen täuscht: Der Hyundai IONIQ 6 bietet ein gutes Platzangebot | Bild: vybe

Ein schnittiges Elektroauto durch und durch

Der IONIQ 6 ist ein schnittiges Elektroauto, das über eine stromlinienförmige und aerodynamische Karosserie verfügt. Das unterstreicht auch der Luftwiderstandswert von beachtlichen 0,25 mit den 20-Zoll-Felgen. Dank der in der Stossstange integrierten aktiven Luftklappen und dem Heck samt Doppel-Spoiler wird die Aerodynamik zusätzlich unterstützt.

Was ich nach zwei Wochen sagen kann, ist, dass der IONIQ 6 auf der Strasse ein Blickfang ist. Ja, du fällst damit auf. Wobei eine gewisse Verwechslungsgefahr mit einem deutschen Automobilhersteller nicht von der Hand zu weisen ist. Das Heck erinnert mich zumindest entfernt an einen Porsche 911. Auch die Vorderpartie kann mit etwas Fantasie mit Porsche in Verbindung gebracht werden.

Mit einer Länge von 4,89 Meter und einer Breite von 1,89 Metern steht schon von aussen fest, dass der IONIQ 6 im Innenraum ein grosszügiges Platzangebot bietet. Dazu im nächsten Abschnitt mehr.

Innenraum und Platzangebot

Von Aussen her ist auf den ersten Blick gar nicht ersichtlich, wie viel Platz der IONIQ 6 im Innenraum eigentlich zu bieten hat. Fahrgäste auf der Rücksitzbank im Fond profitieren von einer sehr grosszügigen Beinfreiheit. Bemängeln muss ich dafür die Kopffreiheit. Mit meiner Körpergrösse von knapp 1,90 cm berührt mein Kopf unweigerlich den Dachhimmel. Für kurze Fahrten noch akzeptabel, aber auf langen Fahrten wird das dann schon etwas unangenehm.

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Das Problem mit der Kopffreiheit hatte ich bei den beiden vorderen Plätzen nicht, da sich die elektronisch verstellbaren Sitze gut justieren lassen. Für die E-GMP-Plattform untypisch ist die ausgeprägte Mittelkonsole. Sie nimmt für meinen Geschmack zu viel Raum ein, sodass sich etwas breiter gebaute Menschen eingeengt fühlen könnten. Das ist schade, da Hyundai beispielsweise beim IONIQ 5 genau das Gegenteil umgesetzt hat.

Gelungen ist die Ambientebeleuchtung im IONIQ 6 | Bild: vybe

Schaut man auf das Cockpit, da fühlen sich Fahrer:innen eines IONIQ 5 dafür wieder wie zu Hause. Hyundai schlägt da keine neuen Wege ein und setzt auf eine aufgeräumte Optik, was unterm Strich positiv zu werten ist. Einzig die Bedientaste für die Seitenfenster erachte ich als falsch platziert. Sie sind in der Mittelkonsole und nicht etwa seitlich an der Türe zu finden. Das ist besonders zu Beginn sehr verwirrend. Ich suchte jedenfalls zu Beginn immer die Taste am falschen Ort.

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Der Fahrer schaut auf ein 12,3 Zoll grosses Kombiinstrument hinterm Lenkrad und einem weiteren Touchscreen-Display in der Mitte. Unterhalb davon gibt es einerseits touchsensisitve und andererseits physische Tasten. Ein insgesamt guter Mix, der sich im Alltag bewährt hat. Das Zweispeichenlenkrad verfügt über alle wichtigen Tasten. Hinzu kommen die Schaltwippen für die Rekuperation und ein Wählhebel.

Die Kofferraumöffnung ist etwas klein geraten | Bild: vybe

Kofferraumvolumen

Der Eindruck täuscht zunächst: Wer beim IONIQ 6 mit einem kleinen Kofferraum gerechnet hat, wird sicherlich überrascht sein. Nein, er ist zwar nicht wirklich hoch, dafür ziemlich tief. Hyundai gibt ein Volumen von 401 Litern an. Das haben wir nicht nachgemessen, dürfte aber ungefähr hinkommen. Übrigens verfügt er unterhalb des Ladebodens einen weiteren Stauraum - beispielsweise für das Ladekabel. Apropos Stauraum: Es gibt auch einen Frunk unter der Motorhaube, der fällt allerdings mit 15 Litern arg klein aus.

Der sich elektrisch öffnende Kofferraum ist etwas klein, weshalb auch der Kofferraum insgesamt nicht ganz so gut zugänglich ist. Das wiederum ist der Form des IONIQ 6 geschuldet.

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Infotainmentsystem

Das Infotainmentsystem im IONIQ 6 ist dasselbe, wie im IONIQ 5 oder auch im Kia EV6/EV9. Sagen wir es mal so, es gehört sicherlich zu den besseren auf dem Markt. Perfekt ist es aber nicht. Hier und da lässt sich das Infotainmentsystem beim Hochfahren etwas viel Zeit und auch einige Funktionen benötigen einen kurzen Moment bis sie starten.

Android Auto und Apple CarPlay werden nur via USB-Kabel unterstützt | Bild: vybe

Was mich etwas überrascht hat, war, dass Android Auto und Apple CarPlay zwar unterstützt werden, aber zwingend ein USB-Kabel verwendet werden muss. Kabellos geht weder die Lösung von Google, noch die von Apple. Das kann Hyundai besser. Schliesslich hat die Schwestermarke Kia beim EV9 das auch hinbekommen. Vermutlich dürfte dieser Umstand mit dem nächsten Facelift, das noch dieses Jahr erwartet wird.

Fahreigenschaften

Der Hyundai IONIQ 6 in der Allradvariante liefert einen Antrieb mit 325 PS (239 kW) bei einem maximalen Drehmoment von 605 Nm. Das ist ein bewährter Antrieb, der Hyundai auch beim IONIQ 5 einsetzt. Der hintere Motor liefert eine Leistung von 225 PS und an der Vorderachse kommen weitere 100 PS dazu. Damit gelingt der Sprint auf 100 km/h in guten 5,1 Sekunden. Die Spitzengeschwindigkeit ist laut Hyundai bei 185 km/h erreicht. Ausprobieren konnte ich das auf den Schweizer Strassen nicht.

Der IONIQ 6 verfügt über vier verschiedene Fahrmodi: Eco, Normal, Sport und Snow. Letzterer konnte ich mangels Schneefall (im Sommer) folgerichtig nicht testen. Bereits im Eco-Modus liefert der IONIQ 6 genügend Leistung, um sich problemlos im Verkehr fortzubewegen. Wer die volle Power spüren möchte, der wählt den Sport-Modus. Dann drücken dich die über 300 PS auch in den Sitz. Allerdings wirkt die Beschleunigung nicht so brachial, wie etwa beim MG4 Xpower. To be honest: Der MG hat auch nochmals rund 100 PS mehr Leistung.

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Das Fahrwerk ist gut auf die Leistung abgestimmt und als eher straff zu bezeichnen. Dennoch lässt es sich sehr komfortabel fahren. Aus der Ruhe bringt den IONIQ 6 jedenfalls nichts. Egal, ob du jetzt auf einer kurvenreichen Strecke oder auf der Autobahn unterwegs bist, der IONIQ 6 lässt sich dank der gut umgesetzten Lenkung jederzeit sicher fahren. Die Rekuperation kann über die Schaltwippen am Lenkrad individuell konfiguriert werden. One-Pedal-Drive wird bei Bedarf auch unterstützt.

Was ich beim MG4 Xpower noch bemängelt habe, trifft auf den IONIQ 6 von Hyundai glücklicherweise nicht zu. Die Rede ist von den Assistenzsystemen. Die funktionieren beim IONIQ 6 tadellos. Der adaptive Tempomat bremst vorausschauend ab und beschleunigt bei einem Überholmanöver zügig. Das erlebte ich beim MG noch ganz anders. Die Verkehrsschildererkennung funktioniert grösstenteils gut, kommt aber hier und da auch an seine Grenzen.

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So oder so, habe ich die Erkennung der Geschwindigkeit stets deaktiviert. Dank der Schnelltaste, die sich am Lenkrad befindet und mit einer frei wählbaren Funktion versehen werden kann, gelingt dies beim IONIQ 6 mehr oder weniger schnell. Du stellst dir jetzt vielleicht die Frage, weshalb ich die Erkennung deaktiviert habe? Nun, lässt du sie aktiv, dann piepst und vibriert es im Auto gefühlt immer. Fährst du zu schnell, wirst du über diesen Umstand umgehend informiert. Ja, sogar wenn du zu langsam fährst, bekommst du eine akustische Benachrichtigung. Kurzum, das nervt. An dieser Stelle sei aber gesagt, dass dies die Folge der EU-Verordnung ist. Hyundai wird demnächst ein Update für alle Hyundai-Modelle ausrollen, welche das Stummschalten der Geschwindigkeitswarnung am Lenkrad ermöglichen wird.

Der IONIQ 6 mit Allradantrieb eignet sich für Anhänger mit bis zu 1500 Kilogramm Gewicht. Natürlich drückt sich das zusätzliche Gewicht stark auf die Reichweite aus, da das Elektroauto damit bedeutend mehr Leistung, ergo Energie, benötigt.

Der IONIQ 6 macht an einer Schnellladestation eine gute Figur | Bild: vybe

Akku und Reichweite

Im Hyundai IONIQ 6 ist eine grosse 77,4-kWh-Batterie integriert. Damit ist laut Hyundai eine Reichweite gemäss WLTP von bis zu 583 Kilometern. In der Praxis wirst du zweifelsohne früher an der Ladestation stehen. Während der zweiwöchigen Testphase, wo ich zugegeben nicht sehr passiv gefahren bin, erreichte ich auf etwas mehr als 1000 Kilometern einen durchschnittlichen Verbrauch von 18,4 kWh auf 100 km. Mit einem etwas passiveren Fahrstil dürfte ein Wert um die 16 kWh/100 km möglich sein. Damit wären unterm Strich immer noch mehr als 450 Kilometer möglich.

Mit bis zu 232 kW lässt sich der Hyundai IONIQ 6 an einer Schnellladestation aufladen. An einer Wallbox sind maximal 11 kW möglich. Schade gibt es keine Option auf 22 kW. Das Laden an einer Schnellladestation, etwa von IONITY, ist dann jeweils auch eine kurze Angelegenheit. Die Ladekurve ist konstant gut und ermöglicht so ein schnelles Laden von 10 auf 80 Prozent. Es ist für mich nach wie vor ein dicker Pluspunkt, dass Hyundai früh auf die 800-Volt-Technologie gesetzt hat. Ach ja, V2L wird natürlich unterstützt und du findest im Fond auch eine herkömmliche Steckdose, womit du ein Gerät deiner Wahl aufladen kannst.

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Das Testfazit zum Hyundai IONIQ 6 Launch Edition

Der Hyundai IONIQ 6 zeigte im Test keine nennenswerte Schwächen. Es ist alles in allem ein gelungenes Elektroauto, das mit seinem Aussehen polarisiert. Den einen gefällts, den anderen nicht. Aber hey, das ist doch immer so, wenn es um Design geht. Das ist und bleibt eine Geschmacksache.

Der Hyundai IONIQ 6 hält dich stets sicher auf der Strasse, bietet in der AWD-Variante viel Leistung, punktet mit der 800-Volt-Technologie und verfügt über ein gutes Platzangebot im Innenraum. Wer auf einen grossen Kofferraum angewiesen ist, der sollte sich eher den IONIQ 5 anschauen. Ansonsten finde ich kaum Punkte, die gegen den IONIQ 6 sprechen würden.

Kurzum: Mir hat der IONIQ 6 während der zweiwöchigen Testphase viel Spass bereitet.