Wer ein einfaches Handy abseits der ganzen Highend-Smartphones sucht, hat nicht wirklich eine grosse Auswahl. Oft sind die angebotenen Handys Senioren-Handys, die weder mit nützlichen Funktionen noch schönem Design punkten können.
Klar, hier könnte man natürlich sagen: Ausser SMS schreiben und telefonieren muss das Handy nichts können und gutes Aussehen ist dafür nicht nötig. Stimmt. Dennoch gehöre ich zu den Menschen, die gutes Design zu schätzen wissen und denken, dass auch ein einfaches Handy durchaus gut aussehen darf. Und in einer Zeit, in der WhatsApp im Prinzip zum Standard-Kommunikator geworden ist, ist es doch nett, wenn man nicht auf diese App verzichten muss.
HMD Global hat nun mit dem Nokia 2720 Flip genau so ein Handy vorgestellt. Das Klapphandy sieht nicht nur ansprechend aus, sondern kommt mit der einen oder anderen Funktion daher, die das Handy sinnvoll aufwerten. Ich habe das Gerät von HMD Global erhalten, damit ich es ausgiebig testen konnte. In meinem Erfahrungsbericht lest ihr, wie sich das Gerät bei mir im Alltag geschlagen hat.
Aussehen und Verarbeitung
Es ist irgendwie schon cool, wenn man nach so vielen Jahren wieder einmal ein richtiges Klapphandy in der Hand hält. Was als Erstes auffällt, ist, wie leicht das Nokia 2720 ist. Klar, das Gerät ist auch aus Plastik und nicht vollgestopft mit Technik, die nun mal ihr Gewicht hat.
Äusserlich war mein Gerät in klassischem Schwarz gehalten, was mir sehr gut gefallen hat. Dabei wechseln sich matte Oberflächen auf der Vorderseite mit glänzender Pianolack-Optik ab.
Sehr gefallen hat mir der kleine Bildschirm auf der Vorderseite, der einem die Uhrzeit und Benachrichtungssymbole anzeigt. Das ist nicht nur sinnvoll, sondern sieht auch ansprechend aus. Richtig cool fand ich dabei, dass der Screen im Standby-Modus unsichtbar wird. Wüsste man nicht, dass da ein Screen ist, man würde es nicht vermuten.
Klappt man das Handy auf, erwarten einen ein 2.80 Zoll grosser Bildschirm, diverse Steuerungstasten und schön grosse Zahlentasten. Diese grosszügig ausgelegte Zahlentastatur hat mir wirklich gut gefallen, denn ich finde es wirklich um einiges angenehmer auf schön grossen Tasten zu schreiben.
Insgesamt macht das Nokia 2720 Flip einen guten Eindruck. Es ist leicht, es wirkt stabil und es ist tipptopp verarbeitet. Auch wenn ich richtig pingelig bin, finde ich nichts, was mich an dem Gerät vom Aussehen her stört. Und das Zuklappen, vor allem mit einer Hand, macht auch heutzutage noch riesigen Spass.
Das steckt technisch im Nokia 2720 Flip
Bei der Hardware bringt das Nokia 2720 alles mit, was ein Handy benötigt. Ja, das Datenblatt des Geräts liest sich nicht gerade sehr toll, doch so ein Klapphandy brauch nun mal auch nicht viel RAM oder einen Highend-Chip.
Während meines Tests hat sich das Handy aber weder aufgehängt, noch sonst irgendwie rumgezickt. Und unter dem Strich ist doch genau dies das Wichtigste. Ein tolles Upgrade gegenüber früheren Handys ist sicher, dass das Nokia 2720 mit 4G daherkommt. Warum das ein Vorteil ist, lest ihr weiter unten.
Überrascht hat mich ausserdem, dass das Gerät zwei SIM-Karten fassen kann und trotzdem noch für eine SD-Karte Platz ist. Das ist wirklich ein netter Bonus. Und natürlich hat das Gerät einen austauschbaren Akku. Der steckt wie in allen klassischen Handys hinter einem abnehmbaren Plastikdeckel, der ruckzuck entfernt werden kann. Ich hatte einmal ein Tasten-Handy, bei dem ich den Deckel kaum weggekriegt habe und jedes Mal Angst hatte, ich biege mir meinen Fingernagel schmerzhaft nach hinten. Beim Nokia 2720 Flip ist der Deckel so schnell weg, wie er wieder drauf ist.
Das bietet die Software
Auf dem Nokia 2720 Flip läuft nicht etwa Android, sondern Kai OS. Dieses Betriebssystem ist nicht von HMD Global selbst entwickelt worden und läuft daher auf etlichen Feature-Phones.
Schaut man sich im Menü des Nokia 2720 um, findet man die üblichen Anwendungen. Selbst eine moderne Version von Snake ist vorhanden, die sich aber doch ein bisschen von der Ur-Version unterscheidet – und bei der ich kläglich gescheitert bin.
Auffallen tun dafür die Apps, die man eigentlich nicht auf einem klassischen Handy vermutet: YouTube, Facebook, Twitter, WhatsApp, Google Assistant und Google Maps. Auch ein Browser und ein Icon nur für die Google-Suchmaschine sind vorinstalliert.
Diese Apps reagieren dank LTE alle schön schnell und sind damit kein Vergleich, zum nervenaufreibenden Schneckentempo bei den Internet-Apps der früheren Feature-Phones. Was aber dennoch bleibt, ist natürlich die umständliche Bedienung.
Wer auf Google etwas suchen möchte, kann das relativ einfach machen. Aber sobald man dann eine andere Website besucht, wird es knifflig. Hier merkt man schnell, dass das moderne Internet nicht für Feature-Phones wie das Nokia 2720 Flip gemacht ist. Natürlich ist das 2720 aber auch nicht dafür gedacht, stundenlang im Netz zu surfen. Viel mehr sollen die Apps eine nette Ergänzung sein, was sie im Endeffekt auch sind.
Wer seinen Alltag entschleunigen möchte, hat sich auch keinen Bedarf auf YouTube, Facebook und Co. rumzuhängen. Sowieso sind YouTube-Videos auf dem Bildschirm des Nokia 2720 eine ziemliche Zumutung. Sollte es aber dennoch mal nötig sein, etwas auf Google nachzuschlagen, ist das trotzdem möglich.
Eine richtig gelungene Ergänzung finde ich Google Maps. Eine Navi-App ist einfach immer nützlich und dass man dafür nun kein Smartphone oder ein eigenes Navi mitschleppen muss, ist grandios. Aufpassen muss man natürlich mit dem Akku, denn auch wenn dieser lange hält, frisst aktiviertes GPS und Google Maps ziemlich Strom.
Was taugt WhatsApp?
Ich sag’s mal so: WhatsApp funktioniert. Allerdings ist es auf einem so kleinen Bildschirm und ohne Touchscreen schon nicht immer toll, mit WhatsApp zu kommunizieren. Einfache Dinge, wie beispielsweise auf eine Nachricht per Zitat zu antworten, werden doch umständlicher.
Ist beispielsweise eine eingegangene Nachricht zu lange und wird nicht ganz angezeigt, muss man diese erst per Steuerkreuz auswählen und dann per Menü aufklappen. Was mit Touch-Screen also mit nur einem antippen klappt, benötigt hier drei Arbeitsschritte. Das ist aber vor allem zu Beginn etwas nervig – und natürlich auch nur, wenn WhatsApp bereits von seinem Smartphone her kennt. Nach ein paar Tagen hat man sich aber daran gewöhnt.
Wie lange hält der Akku durch?
Das kann ich euch leider nicht genau sagen. Warum? Weil das Nokia 2720 fast nicht totzukriegen ist. Bei mir hatte das Gerät nach einer Woche noch immer rund die Hälfte des Akkus, wobei ich aber auch sagen muss, dass ich keine Stromfresser wie Google Maps oder Facebook genutzt habe. Dennoch habe ich während dieser Zeit jeden Tag WhatsApp benutzt, Musik via Bluetooth gehört und ab und an ein Foto gemacht.
Für mich ist das unter dem Strich also ein ziemlich gutes Resultat und das bei einem 1500-mAh-Akku. Nokia selbst gibt die Standby-Zeit mit 28 Tagen an – in der Realität dürfte dieser Wert aber etwas tiefer liegen.
Was mir besonders gefallen hat, war die Konnektivität
Wo mich das Nokia 2720 Flip wirklich positiv überrascht hat, ja fast schon begeistert hat, war die Konnektivität. Dieses Ding kann einfach alles, was ein modernes Smartphone auch kann, allen voran Bluetooth, mobiler Hotspot, VoLTE und Wlan.
Klar, grundsätzlich ist das jetzt nicht so überraschend, aber warum ich das so toll finde, ist, weil es alles auf Anhieb einwandfrei funktioniert hat. Ich konnte selbst meine topmodernen kabellossen Bluetooht-Kopfhörer von Bowers & Wilkins problemlos mit dem Smartphone verbinden.
Und auch das Einrichten eines mobilen Hotspots hat wunderbar geklappt und mir ermöglicht, unterwegs mit 4G auf meinem Laptop zu arbeiten. Beim mobilen Hotspot merkt man dann aber doch, wie der Akku regelrecht leergesaugt wird. Unter dem Strich würde ich aber behaupten, dass das Nokia 2720 mit Hotspot trotzdem länger durchhält als ein Smartphone. Warum ist klar, immerhin muss das Klapphandy ansonsten keinen riesigen Bildschirm und dutzende Apps mit Strom versorgen.
Was taugt die Kamera?
Hier muss ich das Nokia 2720 Flip erstmals etwas rügen. Die Kamera ist okay. Sie löst mit 2 Megapixel auf und macht ganz passable Fotos für ein Feature-Phone. Auf dem Bildschirm sehen die etwas verwaschen aus, guckt man sie sich aber auf einem anständigen Smartphone oder Laptop an, sind die Fotos ganz okay.
In der Nacht ist die Kamera natürlich hoffnungslos überfordert. Immerhin erkennt man etwas, wenn eine helle Lichtquelle vorhanden ist, auch wenn die hellen Stellen dann meist ausbrennen. Bei der Fotoqualität habe ich aber auch keine Wunder erwartet. Wer sich so ein Handy kauft, kauft es auch nicht wegen der Kamera.
Was ich allerdings als etwas unglücklich empfinde, ist die Anordnung der Linse. Diese ist auf der Rückseite im unteren Gehäuse angebracht – und zwar genau dort, wo ich die ganze Zeit mit meinem Finger auflege. Als ich die Kamera das erste Mal gestartet hatte, dachte ich sogar, sie sei kaputt, weil ich erst nicht merkte, dass mein Finger über der Linse ist.
Auch nach mehreren Tagen habe ich immer wieder aus Versehen auf der Linse rumgefingert und diese mit meinem Fingerabdrücken verdreckt. Andererseits fragt sich natürlich, welche Alternativen es gegeben hätte. Vermutlich keine, die das Desing nicht unschön beeinflusst oder den Preis nach oben getrieben hätte.
Testfazit zum Nokia 2720 Flip
Ich finde das Nokia 2720 Flip ein sehr gelungenes Handy. Es macht was es soll und das richtig gut. Telefonieren, SMS und sogar WhatsApp sind mit dem Gerät problemlos möglich. Es ist stabil, der Akku lässt sich austauschen und hält richtig, richtig lange. Es scheint mir auch äusserst stabil zu sein und das Gerät nach einem Anruf zuzuklappen macht irgendwie einfach Spass.
Positiv aufgefallen ist mir die Konnektivität, die mit VoLTE, 4G und Bluetooth, mit dem man selbst moderne Kopfhörer verbinden kann, punktet. Die Kamera ist für Schnappschüsse ausreichend, auch wenn sie ein bisschen ungünstig positioniert ist.
Ich kann das Nokia 2720 Flip allen empfehlen, die einfach ein günstiges Handy ohne Schnickschnack wollen. Auch, um Digital Detox zu betreiben oder als günstiges Zweithandy für die Ferien lohnt es sich – und dank integriertem Google Maps taugt es auch super als Navi beim Wandern.
Aktuell gibt es das Nokia 2720 Flip in der Schweiz ab etwa 81 Franken. Wer in Deutschland lebt, muss momentan mit etwa 95 Euro rechnen.