Denkt man in der Schweiz an Smartphone-Marken werden einem wohl drei Namen zuallererst einfallen: Apple, Samsung und Huawei. Als Nächstes folgen vermutlich Nokia, Sony und vielleicht sogar Xiaomi. Wer dabei aber oft vergessen geht, ist LG. Irgendwie scheint der Südkoreanische Konzern es einfach nicht hinzukriegen, seine Marke genug sexy zu für Handy-Käufer*innen zu machen.
Dabei würde sich ein gelegentlicher Blick auf das Portfolio von LG durchaus lohnen, denn der Konzern bringt immer wieder interessante Geräte auf den Markt. So war es beispielsweise LG, das ein Smartphone mit Stylus für die Mittelklasse veröffentlicht hat.
Einzig die Namensgebungen erscheinen mir manchmal etwas gar umständlich. So ist dann auch der Name meines aktuellen Testgerätes, das LG V50 ThinQ 5G, alles andere als kurz und knackig. Aber viel wichtiger als der Name ist natürlich die Hard- und Software und genau diese konnte ich nun vier Wochen lang ausführlich testen – für mich der ideale Zeitraum, um mir einen sehr guten Eindruck des Gerätes zu verschaffen.
Dazu hat mir LG übrigens auch noch ein wirklich sehr interessantes Zubehör geschickt: Den LG Dual Screen, der aus dem LG V50 ThinQ 5G ein Handy mit Doppelbildschirm macht.
Eigentlich wollte ich zuerst nur einen Test zum LG V50 ThinQ 5G Dual Screen (was für ein Name) machen. Doch weil es zum Handy als auch zum Dual Screen so viel zu sagen gibt, habe ich mich nun entschieden zwei Testberichte daraus zu machen. Wer also gleich jetzt mehr über den Dual Screen wissen will, klickt einfach hier. An dieser Stelle geht es nun mit dem Erfahrungsbericht zum LG V50 ThinQ 5G weiter.
Inhaltsverzeichnis
Bodenständiges Design mit einem Alleinstellungsmerkmal
Schaut man sich die Spezifikationen des LG V50 ThinQ 5G an, ist das Gerät ganz klar in der Topliga der Smartphones anzusiedeln. Entsprechend kann man bei den Materialien und dem Design auch nur das Beste vom Besten erwarten. Ich muss ehrlich sagen, dass ich das V50 ThinQ 5G rein von der Haptik her nicht als ganz so edel empfunden habe, wie andere Geräte. Im ersten Moment dachte ich sogar, die Rückseite sei aus sehr hochwertigen Kunststoff. Erst ein Blick auf das Datenblatt hat ergeben, dass die Rückseite tatsächlich aus Gorilla Glass ist. Zum Glück aber nicht aus so dickem Glas, dass man das Gefühl hat, die Rückseite würde gleich zerspringen, wenn man es fallen lässt.
Billig wirkt das Smartphone aber nicht, falls ich jetzt diesen Eindruck bei euch hervorgerufen habe. Es ist top verarbeitet, allerdings ist das Design eher unaufgeregt und fast schon etwas schlicht. Vor allem, wenn es um die Vorderseite geht, hat man hier in der High-End-Klasse schon schmalere Ränder gesehen. Ich bin aber froh, dass LG nicht dem Trend gefolgt ist und abgerundete Ränder gemacht hat.
Obwohl das Design insgesamt eher bodenständig wirkt, sticht das LG V50 ThinQ 5G mit einem Element hervor: den Kameralinsen. Diese schliessen Bündig mit der Oberfläche der Rückseite ab, was ja seit ein paar Jahren praktisch nirgends mehr zu finden ist. Wer jetzt denkt, dass das Gerät wohl zu dick geraten sei, um das zu erreichen, täuscht sich: Mit gerade einmal 8,3 Millimeter ist es angenehm dünn – den einen Millimeter, den andere Handys dünner sind, fällt einem schlicht nicht auf. Damit liegt das V50 ThinQ 5G natürlich flach auf Oberflächen auf und wackelt nicht – etwas, das manche Leute bei Smartphones mit Kamerabuckeln durchaus stört.
Mich kann man ja immer mit ausgeklügelten oder hübschen Design-Details begeistern. Und genau ein solches Detail bietet das V50 ThinQ 5G. Auf der Rückseite ist nämlich der transparente Schriftzug “5G” ins Gehäuse eingelassen. Darunter versteckt sich eine LED, welche als Benachrichtigungs-LED dient, wenn das Handy mit dem Bildschirm nach unten auf dem Tisch liegt. So blinkt das 5G-Emblem mal weiss, mal blau und wenn der Akku langsam gegen null geht auch mal rot. Ich finde das wirklich eine gelungene Idee.
So sieht das dann aus:
Hardware und Anschlüsse
Anhänger von kabelgebundenen Kopfhörern mit Klinkensteckern kann ich gleich beruhigen: Das V50 ThinQ 5G kommt mit einem 3.5-Millimeter-Kopfhöreranschluss daher. Ansonsten gibt es bei den Tasten und Anschlüssen das Übliche: USB-C, Stand-by- und Lautstärketasten.
Zusätzlich gibt es auf der linken Seite noch eine extra Taste für den Google Assistant. Ich muss sagen, dass ich kein Fan dieser Google-Assistant-Tasten bin. Schon beim Nokia 4.2 gab es eine solche und ich verwechsle diese einfach andauernd mit der Standby-Taste. Das kommt aber wohl daher, weil ich häufig die Handys wechsle und die Standby-Tasten mal links mal rechts sind. Ihr werdet solche Probleme vermutlich nicht haben.
Aus Schweizer Sicht ist eine Google-Assistant-Taste aber im Moment sowieso etwas überflüssig, da die Sprachsteuerung auf Schweizerdeutsch schlicht noch zu wenig gut funktioniert – da kann Google behaupten, was es will. Trotzdem muss ich auch zugeben, dass die Sprachassistenz deutliche Fortschritte gemacht hat. Für mich ist sie momentan allerdings noch etwas zu wenig gut, um mich zu überzeugen. Das hat aber natürlich nichts mit LG zu tun.
Bei der Hardware kriegt man aktuelle High-End-Hardware, so wie sich das gehört. Zu 6 GB RAM Arbeitsspeicher, gesellen sich ein aktueller Snapdragon 855 und 128 GB interner Speicher. Wem das zu wenig ist, kann diesen per Micro-SD erweitern. Aber ich behaupte jetzt mal, dass ihr mit 128 GB-Speicher ziemlich weit kommt, wenn ihr nicht hunderte Fotos und Videos pro Tag macht. Nicht vergessen sollte man natürlich, dass das LG V50 ThinQ 5G – wie der Name schon andeutet, mit dem Mobilfunkstandard 5G klarkommt.
Damit ist euer Smartphone für die nächsten paar Jahre gerüstet. Ich habe dies Netz-Geschwindigkeit leider nicht ausprobieren können, da ich noch kein Abo mit 5G habe, weil es mir schlicht zu teuer ist. Ausserdem ist die Netzabdeckung von 5G noch nicht so flächendeckend, wie uns Swisscom und Sunrise gerne weiss machen wollen. Das hat mir zumindest ein Arbeitskollege gesagt, der 5G bereits ausführlich testen konnte.
Was ich euch aber sagen kann, ist, dass ihr mit dem 5G-Handy von LG ein wirklich kompaktes und leichtes Smartphone erhaltet – im Vergleich zu den anderen 5G-Handys. Ich hatte bisher schon die 5G-Smartphones von Oppo (Reno 5G), Samsung (S10 5G) und Xiaomi (Mi Mix 3 5G) in der Hand und vor allem diejenigen Handys von Oppo und Xiaomi sind ganze schön schwere Geräte.
Handy | LG V50 ThinQ 5G | Xiaomi Mi Mix 3 | Xiaomi Mi Note 10 | Samsung S10 5G | Samsung Note 10+ 5G |
Display | 6.4″ | 6.39″ | 6.47″ | 6.70″ | 6.80″ |
Gewicht | 176g | 225g | 208g | 198g | 196g |
Natürlich kann man das Gewicht zwischen den verschiedenen Handys nicht Eins-zu-Eins vergleichen, da jedes eine andere Grösse und leicht andere Komponenten verbaut hat. Dennoch: Wer ein leichtest und topmodernes 5G-Handy möchte, das nicht schwer in der Hosentasche liegt, ist beim LG V50 ThinQ 5G richtig.
Was taugt das Display?
Ich sage es mal so: Es ist ein LG-OLED-Display. Wem das jetzt nichts sagt: LG ist in Sachen OLED-Displays führend. Selbst Samsung bezieht ihre Displays teilweise von LG. Dementsprechend top ist das Display des V50 ThinQ 5G. Und wer Lust hat, kann die Auflösung bis 3120 x 1440 Pixel hochschrauben. Standardmässig ist 2340 x 1080 Pixel aktiviert, was ich gut finde, weil das den Akkus schont. Und wirklich auffallen tut einem Laien der Unterschied zur höheren Auflösung im Alltagsgebrauch sowieso nicht.
Bei der Software gibt’s Abzug
LG liefert ein Handy mit Top-Hardware und patzt dann bei der Software. Sowas ist immer schade. Vorinstalliert ist Android 9, was nicht sehr überrascht, denn die Updates auf das aktuelle Android 10 hat selbst bei Branchenleadern wie Samsung oder Huawei erst begonnen.
Was mich allerdings etwas irritiert hat, ist, dass der letzte Sicherheits-Patch im Mai 2019 ausgeliefert wurde. Klicke ich in den Einstellungen auf “Updates abrufen”, behauptet das V50 ThinQ 5G stur, es gäbe keine Aktualisierungen. Kann es tatsächlich sein, dass es seit bald sechs Monaten kein Sicherheits-Patch mehr für das Gerät gegeben hat? Ich kann es mir irgendwie nicht vorstellen, aus den USA gibt es durchaus Berichte, wonach LG für das Gerät bereits den Oktober-Patch ausgerollt hat.
Einen kleinen Abzug gibt es auch für die Geschwindigkeit der Software. Schaut man sich die Spezifikationen des Geräts an, müsste eigentlich alles ohne Verzögerung laufen. Dennoch gibt es immer wieder Apps, die einen kleinen Tick länger zum Aufstarten brauchen, als Smartphones mit vergleichbarer Hardware. So starteten Apps wie Instagram, Whatsapp oder Telegram ohne merkliche Verzögerung auf, während YouTube oder Chrome beim Aufstarten einen kleinen Moment länger brauchen als Vergleichsgeräte. Ich kann mir das nur damit erklären, dass das angepasste Betriebssystem von LG noch Optimierungsbedarf hat. Fairerweise muss man aber sagen, dass jemandem, der von einem älteren Gerät auf das LG G50 ThinQ umsteigt dies nicht auffallen wird.
Wie gut ist die Kamera?
Bei der Kamera bin ich – wenn es um Android geht – sehr verwöhnt. Huawei-Kameras haben meinen Anspruch hochgeschraubt und selbst Samsung hat da Mühe, mich zufriedenzustellen.
Die Kamera ist dabei natürlich immer ein Zusammenspiel von Hardware und Software. Hier konnte das LG V50 ThinQ 5G vor allem mit diversen Kamera-Modi bei mir punkten. Nebst Standardmodi wie Automatisch, Manuell oder Porträt gab es natürlich auch einen AI-Modus, der heutzutage nicht mehr fehlen darf. Ich meide diesen Modus immer, weil er mir einfach oft zu viel an den Farben der Fotos herumdoktert. Allerdings ist der AI-Modus des LG-Handys um einiges zurückhaltender als beispielsweise derjenige des Huawei.
Hier seht ihr den Unterschied gut. Das linke Bild, das im AI-Modus geschossen wurde, ist nur leicht im Kontrast und der Sättigung erhöht.
Allgemein habe ich bei LG-Smartphone sehr geschätzt, dass die Farben relativ natürlich wiedergegeben werden – im Automatik-Modus und ohne HDR. Im Moment sehe ich in dieser Hinsicht höchstens noch Nokia vor LG. Das macht sich vor allem bei Naturfotos bezahlt, wie ihr hier seht (zum Vergrössern auf die Bilder klicken):
Die Bilder wurden alle im Automatik-Modus (ohne AI) geschossen und nicht bearbeitet.
Witzig fand ich auch den einen oder anderen Modus, mit dem ich herumexperimentieren konnte. Spass gemacht hat mir vor allem der Storymodus. Hier fotografiert man zuerst mit der normalen Kamera einen Hintergrund, der einem gefällt. Anschliessend macht man mit der Frontkamera ein Selfie und die Software ersetzt dann den Selfie-Hintergrund durch den zuvor aufgenommen Hintergrund. Und wisst ihr was? Das klappt erstaunlich gut. Klar, sowas brauchen nicht alle, aber wer Instagram mag, wird diesen Modus lieben. Ausserdem lassen sich damit auch witzige Illusionen machen – zum Beispiel, wenn die kleine Zimmerpflanze als Hintergrund plötzlich riesig ist.
So schlägt sich die Kamera bei alltäglichen Schnappschüssen, die man ohne viel Nachdenken macht:
Cool fand ich auch den sogenannten Flash-Jumpcut, der im Zeitalter der GIFs ziemlich nützlich ist. Der Modus macht alle drei Sekunden ein Foto (insgesamt vier am Stück) und fügt diese dann zu einem GIF zusammen. So lassen sich ziemlich amüsante GIFs kreieren, die man dann ganz normal via WhatsApp und Co. teilen kann.
Ebenfalls an Bord ist ein Kinomodus, der es ermöglicht, auch bei Videos einen verschwommenen Hintergrund zu machen (Tiefenunschärfe). Wie bei den anderen Herstellern, steckt dieses Feature aber noch in den Kinderschuhen und klappt hauptsächlich, wenn sich die Person im Video nicht zu schnell bewegt.
Was ich etwas schade fand, ist, dass es keinen Blenden-Modus gibt, wo man die Blende gleich selbst verstellen kann. Zwar gibt es einen Porträtmodus, der Tiefenunschärfe simuliert, verstellen kann man diese aber nicht – zumindest habe ich keine Einstellung dafür gefunden.
Auch einen Nachtmodus bringt das V50 ThinQ 5G mit, der mit schlechten Lichtverhältnissen gut klarkommt. Allerdings reicht er nicht an das heran, was momentan Huaweis Flaggschiffe oder das iPhone 11 Pro leisten.
Bei den Linsen gibt es nebst einer 2fach-Telelinse auch noch einen Ultraweitwinkel. In diesem Bereich war LG übrigens einer der ersten (oder sogar der erste) Handy-Hersteller, der solche Linsen verbaut hat. Falls ihr bisher noch kein Handy mit Ultraweitwinkel hatte, lasst euch eines gesagt sein: Konntet ihr erst einmal den Ultraweitwinkel ausprobieren, wollt ihr nie mehr ohne.
Negativ aufgefallen ist mir, dass die Kamerasoftware im Automatikmodus in gewissen Situationen fast eine Sekunde braucht, um auszulösen. Meist, weil die Software mit dem Fokus Mühe hatte. Ich weiss nicht genau, woran das lag. Zu komplexe Motive? Zu wenig Licht oder zu viel Gegenlicht? Ich vermute letzteres. Aber ab und an hat mich das etwas genervt, wenn man auf den Auslöser drückt und das Foto erst nach einer Sekunde gemacht wird. Ich kann nur mutmassen, dass hier die Kamerasoftware noch Verbesserungsbedarf hat – denn an der Hardware kann es kaum liegen.
Insgesamt hat das LG V50 ThinQ 5G aber eine gute Kamera. Für Alltagsknipser reicht’s sie sowieso vollkommen. Einzig für etwas anspruchsvollere Handy-Fotografie wäre dieses Handy jetzt nicht meine allererste Wahl.
Schafft man es mit dem Akku durch den Tag?
Die kurze Antwort? Ja! LG hat glücklicherweise einen ordentlichen 4000 mAh-Akku verbaut, der einen sehr gut durch den Tag bringt. Spätestens am Abend muss das Handy dann aber schon mal an die Steckdose, sonst wird es am nächsten Tag nicht mehr lange durchhalten.
Geladen wird der Akku relativ zügig, an die Schnellladepower eines Huawei P30 Pro kommt das V50 ThinQ 5G aber nicht heran. Ich würde sagen, dass der Akku, wenn er auf unter 10 Prozent ist in rund zwei Stunden wieder vollkommen geladen ist. Das ist okay, dürfte für meinen Geschmack aber auch etwas schneller gehen.
Test-Fazit zum LG V50 ThinQ 5G
Das LG V50 ThinQ 5G ist ein gutes Smartphone, aber nicht unbedingt eines, dass mich begeistert hat. Optisch eher unauffällig, punktet es mit toller Hardware, die aber manchmal etwas durch die Software ausgebremst zu werden scheint. Dafür ist man dank 5G für die nächsten Jahre gerüstet und das Display ist 1A. Wer also gerne auf dem Handy Videos streamt, wird mit diesem Smartphone sehr glücklich sein. Die Kamera muss sich leider hinter den Android-Leadern Huawei und Samsung einordnen, bringt aber gute und vor allem natürliche Ergebnisse. Spannend sind dafür die vielen Kamera-Modi, von denen einige sehr unterhaltsam sind.
Sehr gefallen hat mir übrigens auch der optionale LG Dual Screen. Den Bericht zu diesem könnt ihr hier nachlesen.