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«Moon Knight» ist der frische Wind, den Marvel nötig hat

Moon Knight: Review zur neuen Marvel-Serie auf Disney+.

Nein, ich war nie ein Marvel-Fan, bevor «Iron Man» in die Kinos kam. Ich habe früher im TV ab und an einen «Spider-Man»-Zeichentrick geschaut, aber irgendwie ging die Faszination für Superhelden an mir vorbei. Womöglich, weil der Comic-Content in der Schweiz kaum vorhanden war und ich nicht genug Fernsehen durfte, um eine Beziehung zu Spidey aufbauen zu können.

Auch die beiden «Hulk»-Filme gingen ohne bleibenden Eindruck an mir vorbei – wobei das wohl auch den Marvel-Fans so ging. Erst mit Robert Downey Jr. als «Iron Man», der so gar nicht dem Klischee eines Helden entsprach, fand ich einen Zugang Marvel. Spätestens mit den «Avengers» war es dann um mich geschehen. Ich fieberte jedem neuen Marvel-Film entgegen (okay, vielleicht nicht «Thor 2») und fand meine Lieblinge in Groot und seinen Guardians of the Galaxy.

Die MCU-Serien sind gut, aber …

Disneys Plan war aufgegangen, sie hatten mich in ihr riesiges Marvel Cinematic Universe gelockt und dort festgesetzt. Doch so sehr ich die Zeit da genoss – irgendwann wurde es mir zu viel. Ungefähr nach «Guardians of the Galaxy Vol. 2» zeigte ich erste Ermüdungserscheinungen. «Black Panther» hatte mich nicht überzeugt und ich finde die Oscar-Nominierung als Bester Film bis heute nicht gerechtfertigt. «Ant-Man and the Wasp» war witzig, aber irgendwie hatte mich der Film auch nicht mehr so abgeholt wie der erste Teil.

Moon Knight-Serie Review.
Bild: Disney

Immer öfter ging ich die neuen Marvel-Filme nur noch schauen, weil ich schlicht wissen wollte, wie Kevin Feiges grosser Master-Plan endet. Das war keine Liebe mehr, sondern höchstens noch eine gute Freundschaft, die ich irgendwie aufrechterhalten wollte, weil man so viele Jahre gemeinsam verbracht hatte. Mit der Einführung der Marvel-Serien unter der Disney-Ära erhoffte ich mir dann etwas frischen Wind. Doch auch hier erwartete mich primär mehr vom Gleichen. Klar, «WandaVision» war visuell einmalig und «The Falcon and the Winter Soldier» hat mich in der Hinsicht positiv überrascht, als dass sich die Serie für die Charaktere Zeit nahm.

«Moon Knight» macht Hoffnung

«Loki» hat mir gefallen, weil es eben Loki ist. Irgendwo dazwischen kam dann noch «Black Widow» in die Kinos, ein Film, der in meinen Augen viel zu spät produziert worden ist. Was kümmert mich eine Hauptfigur, von der ich weiss, dass sie in der MCU-Gegenwart längst tot ist? Und «Hawkeye»? Habe ich bis heute nicht gesehen. Ich empfand den Trailer zwar als ganz amüsant, aber noch eine Story über einen bekannten Marvel-Helden? Wie wäre es mal mit etwas Neuem? Das kam dann im November 2021 in Form der «Eternals». Der Film war gelinde gesagt, sehr langatmig. Da war ich an einem Punkt, an dem ich mir sagen musste: Vielleicht ist es jetzt an der Zeit sich zu trennen. Und dann habe ich vor etwa einer Wochen «Moon Knight» gesehen.

Moon Knight-Serie Review.
Oscar Isaac spielt Steven Grant. | Bild: Disney

Erst muss ich erwähnen, dass ich im Rahmen einer Pressevorschau nur die ersten drei Folgen schauen konnte. Aber diese hatten es in sich. «Moon Knight» ist frisch, düster und fesselt von der ersten Minute an. Ohne hier jetzt Blasphemie begehen zu wollen, aber in der ersten Episode hat mich die Serie etwas an «Memento» erinnert. Nein, an die Brillanz von Nolans Klassiker kommt «Moon Knight» nicht heran. Was die Serie aber zu Beginn schafft, ist, ordentlich Verwirrung zu stiften. Die Story eröffnet mit dem Hauptcharakter Steven Grant, der irgendwie geistig nicht beisammen zu sein scheint. Immer wieder findet er sich an völlig neuen Orten wieder und weiss nicht, wie er dahin gekommen ist. War es überhaupt echt oder sind es nur sehr realistische Albträume?

Keine Verbindung zum Marvel Cinematic Universe (zum Glück)

Nach und nach stolpern wir mit Steven Grant in eine mystische Welt des alten Ägypten, in die er irgendwie unfreiwillig verwickelt ist – denkt er zumindest. Für alle, die die Vorlage nicht kennen, möchte ich jetzt noch nicht mehr verraten. Wer mehr wissen möchte, kann sich den Trailer anschauen:

Erfrischend an «Moon Knight» ist aber nicht nur die eher düstere Note oder erwähnte ägyptische Mystik, sondern, dass die Serie ganz ohne MCU auskommt. Klar, ich bin kein Hardcore-Fan, aber zumindest für mich hatte es den Anschein, als gäbe es keine sichtbaren Verbindungen zum bestehenden Marvel Cinematic Universe. Diesen Eindruck hat Grant Curtis, der als Executive Producer bei der Serie dabei ist, gegenüber vybe bestätigt. Gleichzeitig sagt er aber auch, dass «Moon Knight» Marvel zurück zu seinen «Iron Man»-Wurzeln führe. Auf meinen Einwand, ob das nicht ein Widerspruch sei, verneint er. Steven Grant sei wie Tony Stark ein Charakter, der von Grund auf aufgebaut würde. Wir sehen, wie er in seine Rolle als Held hineinstolpert, diese annehmen muss und doch immer eher an einen Antihelden erinnert.

«Deadpool» trifft auf «Indiana Jones» – zumindest ein bisschen

Stellenweise geht der Humor sogar leicht in Richtung «Deadpool», was durch eine alternative Version des «Moon Knight»-Anzugs unterstrichen wird. Klar, an die Brutalität von «Deadpool» kommt «Moon Knight» nicht heran, nicht einmal an die weichgespülte FSK-12-Variante «A Chrhistmas before Deadpool». Aber das muss die Serie auch nicht, denn sie hat zumindest in den ersten drei Episoden genug anderes hergegeben, um nicht mit übertriebener Gewalt und Humor unter der Gürtellinie punkten zu müssen.

Moon Knight-Serie Review.
Ethan Hawke meint es nur gut für die Menschheit – auf seine Weise. | Bild: Disney

Kommt doch einmal Gewalt zum Zuge, erinnert das eher an Agenten-Action à la «Die Bourne Identität». Das alles wird mit fortschreitender Handlung durch ein Abenteur-Feehling durchwoben, dass sachte an den ersten «Indiana Jones»-Film erinnert. Allerdings verkneift es sich «Moon Knight» zum Glück, uns mit irgendwelchem Nazi-Gedöns zu langweilen. Stattdessen gibt Ethan Hawke sein MCU-Debüt als Schurke Arthur Harrow, dessen Ansichten aber gar nicht mal so übel scheinen. Zumindest sind sie in vielerlei Hinsicht durchaus nachvollziehbar, indem sie eine Frage aufwerfen, die nicht zuletzt in «The Minority Report» der Dreh- und Angelpunkt der Handlung war. Damit verzichtet «Moon Knight» auf einen eindimensionalen Bösewicht, auch wenn ich nach drei Folgen natürlich noch kein abschliessendes Urteil abgeben kann.

Trotzdem: Die drei ersten Folgen von «Moon Knight» haben mir gereicht, um mich zumindest für den Moment wieder mit dem MCU zu beschäftigen. Und wenn ich mir den ersten Trailer zu «Ms. Marvel» anschaue, könnte es genauso spannend weitergehen.

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