Seit dem US-Embargo musste Huawei ordentlich Federn im Smartphone-Markt lassen. Auch in der Schweiz ist die Marke aus den Top fünf verschwunden. Seit dem Launch des Mate 40 Pro Ende Oktober 2021 hat sich Huawei vorwiegend mit Kopfhörern und dem einen oder anderen Desktop-Monitor im Gespräch gehalten. Nun möchten die Chinesen aber auch im Smartphone-Bereich wieder von sich reden machen. Richten soll es das Mittelklasse-Smartphone Nova 9, das im restlichen Europa bereits am 21. Oktober vorgestellt worden ist.
Solide Mittelklasse im Flaggschiff-Design
Auch wenn das Nova 9 kein Flaggschiff ist, kommt es in einem Design daher, das stark an das P50 Pro erinnert. Das liegt vor allem am Kamerabuckel, der das pillenförmige Aussehen des P50 Pro übernimmt. Auch die Verwandtschaft zum Honor 50 der ehemaligen Huawei-Tochter ist nicht zu übersehen. Bei der Kamera setzt Huawei auf eine solide Ausstattung, die im Mittelklasse-Segment nicht speziell hervorsticht:
Kamera auf der Rückseite:
- 50 MP, f/1.9, 23mm (Weitwinkel), PDAF
- 8 MP, f/2.2, (Ultraweitwinkel)
- 2 MP, f/2.4, (Tiefensensor)
- 2 MP, f/2.4, (Makro)
Kamera auf der Vorderseite:
- 32 MP, f/2.0, (Weitwinkel)
Beim Bildschirm setzt Huawei auf ein OLED-Panel mit 6,57 Zoll, was beinahe die Grösse des letztjährigen P40 Pro entspricht. Bei der Auflösung macht Huawei wie gewohnt einen Kompromiss zwischen Stromersparnis und scharfem Bild und setzt auf 1080 x 2340 Pixel. Dafür gibt es 120 Hertz Bildwiederholungsrate, was in der Mittelklasse noch eher unüblich ist.
Beim Prozessor kommt übrigens kein hauseigener Kirin-Chip mehr zum Einsatz. Stattdessen musste Huawei auf eine 4G-Variante des Snapdragon 778G zurückgreifen. Das Nova 9 ist also wie erwartet nicht 5G-fähig. Im Mittelklassebereich ist das wohl noch vertretbar, auch wenn Anbieter wie Oppo und auch Nokia immer günstigere 5G-Handys anbieten. Unterstützt wird der Chip von 8 GB RAM Arbeitsspeicher, was für den normalen Smartphone-Alltag mehr als genug ist.
Weiterhin kein HarmonyOS für die Schweiz
Viel wichtiger ist natürlich, was Huawei mit der Software aus dem Kamera-Setup herausholen kann. Diesbezüglich waren die Chinesen in der Vergangenheit immer Spitze. Schade ist, dass wir beim Betriebssystem noch immer kein HarmonyOS bekommen. Es dürfte klar sein, dass das hauseigene OS von Huawei perfekt auf das Kamera-Rig des Nova 9 abgestimmt sein dürfte. Dass so was einen Unterschied machen kann, beweist Apple mit seinen iPhones.
Huawei setzt in der Schweiz stattdessen weiterhin auf Android mit der hauseigenen EMUI-Benutzeroberfläche. Immerhin wird das Nova 9 bereits mit EMUI 12 ausgeliefert, was optisch kaum vom Aussehen von HarmonyOS zu unterscheiden ist. EMUI 12 bringt einige interessante Features mit, unter anderem ein Control Panel für smarte Geräte und Huaweis Smart Control Collaboration. Die Frage ist hier natürlich, wie nützlich dieses Feature in der Schweiz ist, wo das Huawei-Ökosystem noch nicht so verbreitet ist.
Schnellladung und keine Speichererweiterung
Für genügend Strom sorgt ein Akku mit 4300 mAh, der sicher für mindestens einen Tag Laufzeit sorgen wird. Muss das Nova 9 dann doch einmal an die Steckdose, ist es innert 38 Minuten wieder von 0 auf 100 Prozent. Reverse Charging ist ebenfalls verbaut, du kannst also unter anderem deine tragbaren Kopfhörer damit laden.
Etwas geizig war Huawei beim internen Speicher: Während in China zwei Varianten mit je 128 und 256 GB Speicher erscheinen, müssen wir uns mit der kleineren Version begnügen. Kommt hinzu, dass das Nova 9 nicht per SD-Karte um externen Speicher erweitert werden kann. Wer hier also nicht auf die Cloud setzt, hat vermutlich bald ein Speicherplatzproblem.
Weiterhin keine Google-Dienste
Obwohl das Nova 9 mit Android kommt, müssen wir wenig überraschend weiterhin auf Google-Dienste verzichten. Zwar hat Huawei seine AppGallery in den letzten zwei Jahren ordentlich aufgerüstet, aber wichtige (oft US-amerikanische) Apps fehlen noch immer. Diese kann man zwar oft via Petal Search herunterladen, ist aber eine Schnittstelle der Google Mobile Services integriert, verweigert die darauf basierende Funktion den Dienst. Und selbst wenn eine App keine GMS nutzt, kann sie in gewissen Situationen trotzdem den Dienst verweigern. So laufen etwa die meisten eBanking-Apps nicht auf Geräten, die nicht Google-zertifiziert sind.
Auch viele typische Schweizer Apps fehlen weiterhin. Zum einen kann die AppGallery unter anderem mit namhaften Apps von Coop, UBS und grossen Medienhäusern aufwarten – dann wiederum fehlen solch wichtige Apps wie Twint oder die SBB. Überhaupt ist es in den letzten Monaten in der AppGallery eher ruhig geworden. In Anbetracht dessen, dass Huawei im Smartphone-Markt hierzulande nicht mehr so aktiv ist, ist das nicht verwunderlich. Spannend wird jetzt, ob Huaweis eigener App Store wieder an Fahrt aufnimmt und bald mit neuen Anwendungen punkten kann.
Das Huawei Nova 9 ist ab Dezember (ein genaues Datum steht noch aus) in den Farben Starry Blue und Black für 499 Franken verfügbar. Wir werden das Gerät ausführlich testen und bald ein Review publizieren.
Neue Smartwatches, Lautsprecher und Kopfhörer
Nebst dem Nova 9 hat Huawei auch diverse neue Gadgets für den Schweizer Markt präsentiert. Das Smartwatch-Portfolio wird ab November um die Huawei Watch Fit Mini und die Huawei Watch GT3 ergänzt. Etwas Spezielles gibt es im Audiobereich: Hier hat Huawei seine bereits bekannten Freebuds 4 in der sogenannten Lipstick Edition neu aufgelegt. Das Case ist dem Äusseren eines Lippenstiftgehäuses nachempfunden, wobei die roten Earbuds den Lippenstift imitieren.
Auch im Markt für Boomboxen greift Huawei nun an. In Zusammenarbeit mit dem französischen Audiospezialisten Devialet ist ein tragbarer Lautsprecher namens Sound Joy entstanden. Dieser kann via Bluetooth verbunden werden und ist dank eingebautem NFC rasch gekoppelt. Ebenfalls kann man zwei Speaker miteinander verbinden, um so Stereosound zu bekommen.