OnePlus ist ein Unternehmen, das in den vergangenen zehn Jahren weltweit für Schlagzeilen gesorgt hatte, indem es richtig gutes Smartphones für wenig Geld anbot. In der Schweiz ist die Smartphone-Marke allerdings erst seit diesem Jahr offiziell vertreten. Zuvor konnte man Smartphones von OnePlus bei Digitec oder ähnlichen Online-Shops kaufen, diese haben die Smartphones aber auf eigene Faust importiert. Das bedeutete, dass in der Schweiz kein offizieller Support erhältlich war und auch, dass die Handynetze OnePlus nicht offiziell unterstützt haben. Wenn die Software eines Smartphones nicht mit den Mobilfunknetzen von Swisscom, Sunrise oder Salt abgeglichen wird, kann das im schlimmsten Fall zu Fehlern führen. Ein häufiger Fehler ist etwa, dass Voice-over-IP (VoIP) nicht unterstützt wird.
Ich hatte nun die Möglichkeit, das erste OnePlus-Handy, das offiziell in der Schweiz erschienen ist, zu testen. Erhalten habe ich es Mitte Februar und habe das Gerät rund vier Monate ausgiebig testen können. Nach dem Test muss ich sagen: Das OnePlus 11 5G ist ein sehr gutes Beispiel dafür, warum es mir als Tester wichtig ist, Geräte über mehrere Wochen oder gar Monate auf Herz und Nieren prüfen zu können. Aber fangen wir ganz vorn an.
Design und Verarbeitung
Als ich das OnePlus 11 5G das erste Mal in der Hand hatte, erinnerte mich das Gerät sofort an das Huawei P30 Pro. Letzteres war lange Zeit mein Hauptgerät und so hatte die Haptik eine gewisse Vertrautheit. Tatsächlich sehen sich die beiden Smartphones von vorn so ähnlich, dass ich sie häufig verwechselt habe (das P30 Pro tut bei mir noch immer seinen Dienst als Backup-Gerät).
Spätestens auf der Rückseite werden die Unterschiede dann aber glasklar. OnePlus setzt beim neuen Flaggschiff auf einen runden Kamerabump, der aber noch immer über den Rand hinausläuft. Allerdings ist das nicht alles aus einem Guss, wie bei Samsungs Galaxy-22-Reihe, sondern in zwei Segmente unterteilt. Mir hat das nicht gefallen. Ich hatte das Design des Kamerabuckels des OnePlus 10 Pro 5G letztes Jahr sehr gefallen, den Camera Bump des neuen Modells empfinde ich aber als Design-Rückschritt.
Olivgrün mit Glanzeffekt
Ebenfalls nicht anfreunden konnte ich mich mit dem Grün des Geräts. Es ähnelt sehr dem Olivgrün, das auch die Schweizer Armee bei seinen Fahrzeugen verwendet, allerdings mit einem shiny Überzug. Die schwarze Variante, die es ebenfalls gibt, hat mir da wesentlich besser gefallen. Nicht, weil ich auf schwarze Geräte stehe (ich liebe bunte Smartphones), sondern weil die Oberfläche eine schleifpapierartige Struktur hatte. Das hat mich nicht nur an alte OnePlus-Tage erinnert, sondern war auch eine hervorragende Haptik.
Gleichwohl ist Aussehen natürlich immer Geschmacksache. Allerdings muss ich hier auch sagen, dass sich in meinem Umfeld keine Person finden liess, die vom Design des OnePlus 11 5G begeistert war. Hier scheint OnePlus optisch wirklich kein grosser Wurf gelungen zu sein. Was ich dem Unternehmen aber anrechne, ist, dass sie wenigstens versuchen, eigene Wege zu gehen. Als Submarke von Oppo wäre es natürlich auch naheliegend gewesen, einfach das Design des neuen Find-X-Flaggschiffs zu übernehmen (welches mir allerdings sehr gefällt).
Ein Problem des grünen Modells, das aber keine Geschmacksache ist: Das Ding hat sich andauernd selbstständig gemacht. Die Rückseite ist so glatt, dass mir das Gerät regelmässig irgendwo heruntergefallen ist. Vor allem, wenn es auf glatten Oberflächen – egal, ob Holz, Kunststoff oder Stoff – lag, hat es sich gerne von der Stelle bewegt.
Das Display
OnePlus verbaut beim 11er-Modell ein LTPO3 AMOLED-Display mit einer Auflösung von 1440 x 3216 Pixeln. Dazu gibt es alles, was man von einem modernen Flaggschiff erwarten darf:
- Always-on-Display
- 120 Hertz Bildwiederholungsrate
- 1 Milliarde Farben
- Dolby Vision
- HDR10+
- 500 Nits Bildschirmhelligkeit (1300 Nits Peak)
Die Pixeldichte liegt bei 525 ppi, bei einem Bildverhältnis von 20:9. Geschützt wird das Display durch Gorilla Glass Victus, auch hier bietet das Smartphone also das neueste vom Neuen.
Dass ein gutes Display aber nicht nur die Summe der Angaben auf dem Datenblatt ist, zeigt sich beim OnePlus 11 5G. Kein Angst, das Display ist tipptopp, aber auch nicht gut genug, um für mich aus der Masse herauszustechen. So konnte mich das AMOLED-Panel lange nicht so begeistern, wie etwa das des iPhone 14 Pro. Und auch Huawei ist – trotz Einschränkungen durch den US-Bann – in Hinblick auf Displays noch vor OnePlus.
Aber die Differenzen bei den Fallgschiff-Displays sind teilweise ohnehin minimal. So bin ich mir schon nicht mehr sicher, ob ich nun den Bildschirm des Samsung Galaxy S23 Ultra oder denjenigen des OnePlus 11 5G rein vom Auge her besser finde. Unter dem Strich würde ich sagen: Das Display des OnePlus 11 5G ist definitiv auf Flaggschiff-Niveau, reiht sich dort aber im Mittelfeld ein.
Die Kamera
Bei der Kamera liefert das OnePlus 5G gute Bilder, aber auch hier muss ich sagen, dass mich das Flaggschiff nicht vom Hocker gehauen hat. Das Smartphone kommt gut mit Gegenlicht zurecht und liefert auch im Dunkeln ansprechende Bilder ab. Bei normalen Fotos ist die Sättigung und der Kontrast gut und der Fokus stellt schnell scharf. Was ich bei der Kamera des OnePlus 5G geschätzt habe, ist, dass die Farben nicht zu fest verfälscht werden. Ja, auch OnePlus dreht an den Sättigungsreglern, aber lange nicht so stark wie etwa Samsung.
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Leider ist es aber so, dass auch das OnePlus 11 5G bei der Kamera kein Argument liefert, was das Gerät zu einem Must-Have macht. Auch für mich als Kameraenthusiast gibt es kein Feature, dass mich begeistert hat, selbst wenn es nur ein Gimmick gewesen wäre. Zuletzt hatte das unter anderem Huawei mit dem Mate 50 Pro geschafft, das eine physische Blende verbaut hatte, die sich stufenlos verstellen liess.
Grosser Sensor wäre schön gewesen
Hier hätte ich mir tatsächlich gewünscht, dass sich OnePlus ein wenig mehr Technik von Oppo ausleiht. Diese haben in ihrem Flaggschiff, dem Find X6 Pro, einen 1-Zoll-Sensor verbaut. Dass genau dieses Smartphone in der Schweiz nicht erschienen ist, macht es umso ärgerlicher, dass das OnePlus 11 5G keinen grösseren Sensor spendiert bekommen hat. Schlussendlich zeigt sich, was schon lange bekannt ist: Smartphones haben ihren technologischen Zenit mehr oder weniger erreicht und es ist für Hersteller kaum noch möglich, sich bei der Kamera merklich abzuheben.
Die Kamera im Alltagseinsatz (antippen zum Vergrössern):
Insgesamt bietet das OnePlus 11 5G damit eine Kamera, die für den Preis von aktuell etwa 830 Franken keine Wünsche übrig lässt. Einzig der Makromodus dürfte besser sein, allerdings lässt sich dieser durch die Hauptkamera kompensieren. So entstehen mit ein bisschen Zoomen doch ansprechende Makroaufnahmen, etwa von Insekten oder Blumen.
Einige Beispiele für Nahaufnahmen (antippen zum Vergrössern):
Die Software
Kommen wir nun zur Software, dem Schwachpunkte des OnePlus 11 5G. Ich hatte von Beginn weg immer wieder mit kleineren Problemen und Glitches zu kämpfen, die mich mit der Zeit immer mehr genervt haben. Das ging schon los beim Datentransfer. Obwohl das OnePlus 11 5G mein Galaxy S23 Ultra sofort erkannt hat, wollte es die Daten anschliessend schlicht nicht übertragen. Zwar kam ein Ladesymbol mit dem Hinweis «Kopieren wird vorbereitet», danach ist allerdings nichts mehr passiert.
Auch nach zehn Minuten war der Transfer noch immer in Vorbereitung, also hatte sich das Gerät wohl aufgehängt. Um sicherzugehen, dass es nicht am Kabel gelegen hatte, habe ich dieses durch ein anderes ersetzt. Doch auch mit diesem wollte der Transfer einfach nicht starten. Schliesslich habe ich das Gerät dann via Google Cloud eingerichtet, was zwar auch geht, aber etwas länger dauert.
Software-Bugs machen Nutzung anfangs nervig
Da bin ich dann aber direkt auf ein neues Problem gestossen: Eines meiner Gmail-Konten wollte mein OnePlus einfach nicht schlucken. Immer wieder kam eine Push-Nachricht mit dem Text «Bitte Einrichtung abschliessen». Habe ich diese dann angetippt, verschwand sie und nichts ist passiert. Das Konto war aber in Gmail nicht nutzbar, weil ich die Einrichtung nicht abgeschlossen hätte.
Erst nachdem ich ein anderes Konto entfernt hatte, konnte ich das fehlerhafte Konto endlich fertig einrichten. Danach musste ich das andere Konto wieder hinzufügen und alles lief endlich rund.
Spotify macht sich selbstständig
Was mich aber fast am meisten geärgert hat, ist, dass Spotify anfangs immer wieder pausiert wurde, wenn ich eine neue Nachricht erhalten hatte. Ich höre also Musik, erhalte eine neue Nachricht via Signal und zack, die Musik pausiert. Eine entsprechende Einstellung, die das verursacht, habe ich nicht gefunden. Allerdings habe ich mit einem Techredakteur-Kollegen gesprochen, der ähnliche Erfahrungen gemacht hatte.
Etwa einen Monat später wurde es dann noch schräger. Da hat das Gerät angefangen, einfach aus dem Nichts, von sich aus Spotify abzuspielen. Anfangs dachte ich noch, ich hätte den Player via Kopfhörer aus Versehen gestartet, aber nachdem es noch ein paar Mal vorgekommen war, war ich mir sicher, dass das Gerät sich selbstständig gemacht hatte.
Selbst die SMS-App ist buggy
Einen Glitch gab es ebenfalls beim Empfang von SMS-Nachrichten. Hier kriegt man ja noch immer jegliche Bestätigungscodes gesendet. Wenn man da jeweils eine Nachricht von einer unbekannten Nummer bekommt, erscheint ein Popup-Fenster, das einen fragt, ob man die Nummer zu den Kontakten hinzufügen möchte. Und dieses erschient bei mir immer doppelt. Die Fenster waren dabei ganz leicht versetzt übereinander gelegt, sodass sie geflackert haben, weil das System wohl irgendwie nicht damit klarkam, dass da zwei Popups geladen werden.
Dieser Glitch empfand ich nicht als so schlimm, da ich die SMS-Funktion eigentlich nie nutze, ausser, für Bestätigungscodes. Trotzdem hat das gezeigt, wie buggy die Software des OnePlus 11 5G anfangs war.
Das OnePlus 11 5G entsperren? Eine Herausforderung!
Wo das OnePlus 11 5G leider gar nicht überzeugt, ist beim Entsperren. Egal, ob via Fingerabdruck oder Gesicht, hier läuft es nicht rund. Anfangs war der Fingerabdrucksensor eigentlich gut, doch irgendwie scheint ein Update etwas verbockt zu haben. Nach etwa einem Monat konnte ich mein Smartphone kaum noch via Fingerabdruck entsperren. Selbst nach drei Versuchen behauptete das OnePlus 11 5G noch immer, der Finger sei nicht erkannt worden.
Mein erster Gedanke war dann natürlich, dass es an meinem Finger liegt. Schmutz, Hornhaut oder Fett können hier schon ziemlichen negativen Einfluss haben. Um das auszuschliessen, habe ich mit demselben Finger, den das OnePlus 11 5G nicht erkennen wollte, andere Geräte zu entsperren versucht. Galaxy S23 Ultra? Beim ersten Versuch. Huawei P30 Pro: etwas langsam, aber ebenfalls beim ersten Versuch. Selbst das eher dürftige Mittelklassegerät Nokia X30 hat meinen Daumen gleich erkannt. Fazit: Das Problem musste am OnePlus 11 5G liegen.
Schliesslich habe ich zum Entsperren per Gesicht gewechselt. Leider zeigt sich hier eine weitere Schwäche des OnePlus 11 5G: Das Entsperren klappt bei gutem Licht zuverlässig, hat aber bereits bei leichter Dunkelheit Mühe. Teilweise hat die Gesichtserkennung selbst mitten im Nachmittag, wenn draussen ein Gewitter tobte und es im Zimmer etwas schummriger war, nicht mehr funktioniert.
OnePlus hat nachgebessert
Mittlerweile gab es das eine oder andere Update und vieles ist besser geworden. Ob der Datentransfer nun funktioniert, habe ich nicht ausprobiert, aber zumindest macht sich Spotify nicht mehr selbstständig und auch die SMS-App scheint endlich richtig zu funktionieren. Auch der Fingerabdrucksensor scheint wieder zuverlässig zu funktionieren. Hätte ich das OnePlus 11 5G nach nur zwei, drei Wochen beurteilen müssen, ich hätte bei der Software kaum ein gutes Haar gelassen.
Jetzt kann ich OnePlus nur vorwerfen, dass die Software bis zum Launch nicht bereit war. Ich weiss nicht, wann ich zuletzt ein neues Handy getestet habe, das sich anfangs so buggy angefühlt hat.
Laden und Akkulaufzeit
Überzeugt hat mich das OnePlus 11 5G dafür beim Laden. In 25 Minuten von 0 auf 100 Prozent ist schon eine ziemlich coole Sache. Sorgen, zu wenig Strom zu haben, gehörten während des Tests der Vergangenheit an. Ist das Handy mal fast leer, reicht es, das Gerät 10 bis 15 Minuten einzustecken, um wieder mehr als 50 Prozent Strom zu haben. Das ist Luxus. Statt das Handy über Nacht zu laden, hatte ich es jeweils während des Frühstücks kurz an die Steckdose gehängt.
Welch Luxus eine so schnelle Ladezeit ist, merke ich jetzt, da ich wieder ein Samsung-Handy teste. Dieses lädt zwar auch in 60 Minuten, im Vergleich zum OnePlus 11 5G fühlt sich das aber wie eine Ewigkeit an.
Ebenfalls praktisch: Während etwas Samsung fremde Ladegeräte nicht unterstützt und mit diesen nur langsames Laden ermöglicht, kannst du beim OnePlus auch mit Adaptern von Huawei oder Oppo zügig laden. Da OnePlus zu Oppo gehört, unterstützt das OnePlus 11 5G sogar Oppos Super Vooc Schnellladetechnologie.
Leider kein kabelloses Laden
Was ich dafür nicht verstehe, ist, weshalb das OnePlus 11 5G kein kabelloses Laden unterstützt. Nicht, dass das ein Must-have wäre, aber von einem Gerät, von dem der Hersteller behauptet, es sei ein technisches Meisterwerk, erwarte ich das. Vor allem, da andere Hersteller bewiesen haben, dass schnelles kabelgebundenes und kabelloses Laden sich nicht ausschliessen.
Ein schnell geladener Akku sollte aber natürlich auch möglichst lange halten. OnePlus behauptet, dass der Lebenszyklus wesentlich länger sei als der Branchenstandard. Ob das stimmt, kann ich jetzt natürlich nicht beurteilen.
Ist der Akku dann mal voll, hält dieser auch bei intensiver Nutzung gut einen Arbeitstag durch. Wenn du dein OnePlus 11 5G nur sporadisch brauchst, wirst du locker bis spätabends ohne Steckdose auskommen.
PS: OnePlus liefert das OnePlus 11 5G mit einem Schnellladeadapter aus.
Fazit
Nach einer viermonatigen Testphase, in der ich das OnePlus 11 5G fast immer als Hauptgerät genutzt habe, ist mein Fazit durchzogen. Tatsächlich hätte ich das Gerät nach einem Monat nicht weiterempfehlen können. Dafür waren die Software-Fehler zu nervig. Unterdessen hat OnePlus mit diversen Updates nachgebessert, womit das Gerät endlich stabil läuft.
Auf dem Papier bietet das OnePlus 11 5G ein unschlagbares Preis-Leistungs-Verhältnis. Ich wüsste aktuell kein anderes Flaggschiff, dass solch potente Hardware für knapp 800 Franken bietet. Damit knüpft OnePlus an alte Tage an, an denen die Geräte noch als Flaggschiffkiller gehandelt wurden.
Nachdem OnePlus die Bugs in den Griff bekommen hat, ist das OnePlus 11 5G durchaus ein spannendes Gerät. Es bietet alles, was man von einem Flaggschiff erwarten kann, teilweise sogar etwas mehr. Allerdings ist es auch eher ein langweiliges Gerät, das keine neuen Akzente setzt. Hier finde ich die aktuelle Mittelklasse von OnePlus, namentlich das OnePlus Nord CE 3 Lite 5G um einiges spannender – nur schon optisch.
Abschliessend kann ich sagen: Wenn dir das Gerät vom Aussehen her gefällt und du richtig gute Specs zu einem sehr fairen Preis möchtest, greif zu. Wen du allerdings einfach ein gutes Alltagsgerät willst und dir Specs nicht so wichtig sind, wirst du auch mit einem wesentlich günstigeren Samsung Galaxy A54 oder Oppo Reno 8 zufrieden sein.