Samsung hat den Kampf um die Smartphone-Krone 2021 früher als gewohnt eröffnet und sein neues Flaggschiff, das Galaxy S21 Ultra, bereits am 14. Januar präsentiert. Rein theoretisch war Xiaomi mit seinem Mi 11 noch etwas früher dran, allerdings war die Präsentation am 28. Dezember 2020 nur für den chinesischen Markt. Die globale Version wurde erst am 8. Februar vorgestellt. Zu diesem Zeitpunkt stand Samsungs S21-Reihe bereits seit über einer Woche in den Verkaufsregalen.
Ich habe das neue Galaxy-Handy mit grosser Spannung erwartet. Samsung hatte letztes Jahr mit dem S20 Ultra in meinen Augen nicht das geliefert, was man sich von den Südkoreanern gewohnt ist. Das damalige Flaggschiff wirkte irgendwie unfertig, sei es beim Design oder der Hardware. Das bestätigte sich später in den Tests, wo die Kamera unter anderem beim Autofokus patzte. Mit dem S21 Ultra hat Samsung nun seine Hausaufgaben beinahe gemacht.
Design: Eine wirklich schöne Abwechslung
Wow, was hat Samsung da für ein Handy abgeliefert. Für mich ist das Galaxy S21 Ultra das erste Smartphone seit Jahren, dass sich optisch angenehm von der Masse abhebt. Der Kamerabuckel geht direkt in den Rand über und vermittelt ein stimmiges, durchdachtes Design.
Die Anordnung der Linsen erinnert an das Galaxy Note 20 Ultra, was ebenfalls eine gute Entscheidung war. Auf den unnötigen Space-Zoom-Schriftzug hat Samsung zum Glück verzichtet. So hat man einen schön matten Kamerabuckel ohne störende Elemente.
Was mir aufgefallen ist, ist ein winziger Spalt zwischen dem Gehäuse des Kamerabuckels und der Gehäuserückseite. Dieser Spalt ist genug breit, dass bei meinem Testgerät tatsächlich ein Haar darin hängen blieb.
Da kommt natürlich sofort der Gedanke auf, dass sich da auch Staub festsetzt. Ob das wirklich so ist, wird nur ein Langzeittest zeigen können. Auch wenn der Spalt vorhanden ist, hat das Gehäuse kein Spiel. So habe ich es dann auch nicht geschafft, meinen Fingernagel in den Spalt zu quetschen.
Samsung verzichtet auf stark gebogene Ränder
Während das die Gehäuseränder auf der Rückseite des Galaxy S21 Ultra gebogen sind, folgt Samsung dem Trend auf der Vorderseite nicht. Da kann man jetzt natürlich darüber diskutieren, ob man das mag oder nicht. Gebogene Ränder machen ein Gerät schmaler und damit handlicher. Bei Displaydiagonalen weit jenseits von 6,5 Zoll ist das durchaus praktisch. Das ist dann aber auch der einzig wirkliche Vorteil und daher begrüsse ich Samsungs Entscheidung, die Ränder nur minimal zu biegen.
Etwas schade fand ich, dass der Rand nicht rundherum gleichmässig breit ist. Im Vorfeld gab es diverse Gerüchte, dass dies nun endlich der Fall sein würde. Leider ist der Rand auf der Unterseite aber noch immer sichtbar breiter, wenn auch merklich schmaler als auch schon. Stören tut das nicht, aber es wäre das Tüpfelchen auf dem I für ein sonst sehr schönes Design gewesen.
Unter dem Strich hat Samsung in Sachen Design wirklich ein tolles Gerät abgeliefert, dass vielleicht sogar Nachahmer finden wird. Schaut man sich das Galaxy S20 Ultra im Vergleich dazu an, wirkt dieses fast schon wie ein Prototyp zum Galaxy S21 Ultra. Für mich hat Samsung als erster Hersteller eine Designsprache für den Kamerabuckel gefunden, die sich ins restliche Design einfügt und nicht wie ein Fremdkörper wirkt.
Trotz all der schönen Aspekte ist das S21 Ultra ein Schwergewicht. 227 Gramm bei 6,8 Zoll liegen schwer in der Hand und dürfte nicht für alle etwas sein. Zwar ist man damit im Konkurrenzvergleich nicht speziell schwerer, aber dennoch ist das etwas, das man vorher bedenken sollte. Wer also mit dem Gedanken spielt, sich das Gerät zuzulegen und bisher kein Handy in dieser Gewichtsklasse hatte, sollte das S21 Ultra unbedingt vorher im Laden anschauen.
Display: Knackig, scharf, Samsung
Beim Display war Samsung schon immer Spitze. So überrascht es denn auch nicht, dass das Galaxy S21 Ultra mit einem richtig guten AMOLED ausgestattet ist. Die Farben wirken satt und intensiv. In Sachen Displayhelligkeit liefert das S21 Ultra mit 1600 Nits einen Spitzenwert. Wenn dir das nichts sagt, macht das nichts. Wichtig ist: Mit so einem Helligkeitswert sind die Inhalte selbst bei starker Sonneneinstrahlung gut lesbar.
Bei der Auflösung geht Samsung den gleichen Weg wie schon letztes Jahr. Ja, du kannst theoretisch 3200 x 1440 Pixel (WQHD+) als Standard setzen. Tun solltest du das aber nicht, wenn du keine Steckdose in der Nähe hast. Das weiss auch Samsung und liefert das Galaxy S21 Ultra mit voreingestellten 2400 x 1080 Pixeln (FHD+) aus.
120 Hertz? Ja. Aber nur adaptiv
Bei der Bildwiederholungsrate gibt es bis zu 120 Hertz. Die Wahl zwischen 60 und 120 Hertz, die man beim S20 Ultra hatte, gibt es aber nicht mehr. Samsung setzt nun wie viele Hersteller auf eine adaptive Bildwiederholungsrate: Das Handy entscheidet also selber, wo 10, 30, 60, 90 oder 120 Hertz angebracht sind. Dass Samsung hier einem die Möglichkeit nimmt, 120 Hertz als festen Wert auszuwählen, dürfte ebenfalls aus Stromspargründen geschehen sein.
Schlimm ist das nicht, denn die Software regelt die adaptive Bildwiederholung tipptopp. Ich hatte im Test niemals das Gefühl, das Bild würde nicht flüssig laufen oder ruckeln. Niedrige Wiederholungsraten wie 30 Hertz kommen sowieso nur bei unwichtigen Dingen wie dem Always-On-Display zum Einsatz. Wirklich etwas zu meckern gibt es damit auch beim Display des Galaxy S21 Ultra nicht.
Leistung: Die Angst vor dem Samsung-Prozessor
Nein, unter den techaffinen Fans hat der Samsung-eigene Exynos-Prozessor wahrlich keinen guten Ruf. Gegenüber den Snapdragon-Chips von Qualcomm zieht er leistungsmässig nicht nur den Kürzeren, sondern frisst auch noch mehr Strom. Keine gute Kombination. Dass das Galaxy S21 Ultra da in Europa erneut mit einem Exynos erscheint, ist dann natürlich keine Nachricht, die man hören möchte. Allerdings hat Samsung nicht untätig rumgesessen und beim Exynos einiges umgekrempelt, um wieder auf Augenhöhe mit Qualcomm zu sein.
Tatsächlich zeigen diverse Vergleiche der beiden S21-Ultra-Modelle, dass Samsung einiges an Boden gut gemacht hat. Unter dem Strich ist der Exynos 2100 mit dem Snapdragon 888 beinahe gleich auf. Selbst beim Stromverbrauch ist Samsung-Chip nun konkurrenzfähig. Nur bei der Grafik ist der Snapdragon etwas voraus. Für Schweizer Nutzer heisst das nun, dass sie endlich ein Galaxy-Handy bekommen, dass beim Chip mit den US-Versionen mithalten kann.
Für Interessierte gibt es hier einen Eins-zu-Eins-Vergleich:
Im normalen Handy-Alltag ist das S21 Ultra aber sowieso völlig ausreichend. Wer hauptsächlich im Netz surft, Musik streamt und fotografiert, wird das S21 Ultra nicht annähernd an seine Leistungsgrenze bringen. Während meines Tests hat die Software nicht ein einziges Mal geruckelt oder sich aufgehängt. Die Kamera hat blitzschnell fokussiert und ausgelöst und auch der Ultraschall-Fingerabrucksensor entsperrt zuverlässig und schnell.
Kamera: Zurück in der Oberliga
Wohl kaum ein Hersteller hat in den letzten 12 Monaten solch merkliche Fortschritte gemacht wie Samsung mit der Galaxy-S-Serie. Allerdings haben die Südkoreaner nicht einen Vorsprung rausgeholt, sondern vielmehr einen Rückstand aufgeholt. Die Probleme, die das S20 Ultra noch hatte, sind passé. Das betrifft vor allem den Autofokus, bei dem das letztjährige Modell wirklich enttäuscht hatte. Nun stellt ein Laser-Autofokus sicher, dass die Kamera des S21 Ultra das Bild blitzschnell und zuverlässig scharf stellt.
Ebenfalls merkliche Fortschritte gibt’s beim Zoom. Samsung verzichtet dieses Mal auf den Begriff “Space Zoom”, hat der Kamera aber erneut einen 100-fachen digitalen Zoom spendiert. Dieser ist weiterhin eher eine nette Spielerei: Selbst wenn man mit einem Stativ fotografiert, werden Objekte, die weit entfernt sind, nicht wirklich schön scharf. Das vergrösserte Bild erinnert dann eher an ein Ölgemälde, denn ein scharfes Foto.
Besser macht es das S21 Ultra im tieferen Fokusbereich. Samsung hat den optischen Zoom von 4-fach auf 10-fach erhöht. Das merkt man. Bis 20-fach zoomt man so problemlos und kriegt schöne, scharfe Fotos hin. Spätestens bei 30-facher Vergrösserung kann dann aber die Software nicht merh kaschieren, dass das Fundament aus optischem Zoom nicht mehr ausreicht. Damit ist Samsung in diesem Bereich vorerst wieder up to date – auch wenn Huawei mit dem P50 Pro+ und Xiaomi mit dem Mi 11 Ultra wohl demnächst wieder vorlegen werden.
Im Nachtmodus leistet das S21 Ultra ebenfalls gute Dienste. Man merkt, dass Samsung den Sensor vergrössert hat. Damit gelingen Fotos, auf denen selbst bei wenig Licht noch vieles herausgeholt wird. Wer hauptsächlich im Automatikmodus fotografiert, wird aber feststellen, dass die Software gerne etwas gar lange belichtet. Die Fotos sind dann zwar nicht überbelichtet, aber werden so hell, dass der Charme der Nacht verloren geht. Hier hätte sich Samsung auch ein Vorbild an Apple nehmen können, die mit dem iPhone versuchen, Nachtaufnahmen zu machen, bei denen man noch erkennt, dass es auch tatsächlich Nacht ist.
Links ohne Nachtmodus, rechts mit Nachtmodus (Automatik)
Akku: Eine Achterbahn der Gefühle
Auch hier muss man wieder den Vergleich zum Vorjahresmodell ziehen. Bei diesem war der Akku schneller leer, als einem das lieb sein konnte. Ein stromhungriges Display, gepaart mit einem stromhungrigen Prozessor, ergaben eine enttäuschende Akkulaufzeit.
In diesem Jahr sieht das weitaus besser aus. Wer sein Galaxy S21 Ultra nicht übermässig beansprucht, schafft es bei durchschnittlicher Auflösung gut durch den Tag. Spannend wird es, wenn man das Handy etwas mehr beansprucht. Je nachdem, welche Apps da zum Einsatz kommen, reicht eine Akkuladung mal bis zum Abend, mal leider nicht.
Wer sein S21 Ultra mit der höchsten Auflösung nutzen möchte, sollte auch gucken, dass Steckdosen nie allzuweit entfernt sind. Dann zieht das Gerät nämlich ordentlich Strom, sobald das Display aus dem Standby-Modus geholt wird. Dennoch hat es Samsung geschafft, in Kombination mit dem verbesserten Prozessor, eine gute Akkulaufzeit abzuliefern.
Laden geht zackig, aber hinkt trotzdem etwas hinterher
Etwas schneller dürfte das Gerät beim Laden sein. Samsung setzt weiterhin auf einen 25-Watt-Adapter, der das Gerät in etwas mehr als einer Stunde auflädt. Das ist okay, aber im Vergleich zu Hauwei oder Oppo doch langsamer. Ein Ladeadapter ist im Lieferumfang übrigens nicht mehr dabei, sondern nur noch ein USB-C- auf USB-C-Kabel. Wer sich den 25-Watt-Adapter dazukaufen möchte, muss mit etwa 30 Franken extra rechnen.
Auch beim kabellosen Laden bleibt es beim Galaxy S21 Ultra beim Durchschnitt. 15 Watt ist ganz nett, aber im Vergleich zu Xiaomis neuem Flaggschiff, das mit 50 Watt kabellos lädt, dann doch eher schwach. Dies mit der Lebensdauer des Akkus zu begründen, erscheint mir dann doch eher ein schwaches Argument, da sich dies wohl erst nach ein paar Jahren bemerkbar machen dürfte.
Galaxy S21 Ultra: Stärken und Schwächen auf einen Blick
Testfazit zum Samsung Galaxy S21 Ultra
Samsung liefert mit dem Galaxy S21 Ultra ein Flaggschiff ab, dass vor allem beim Design heraussticht. Der Kamerabuckel ist wunderbar ins Gehäuse integriert und lässt das letztjährige Modell fast wie einen Prototyp wirken. Beim Display zeigt Samsung seine Stärke und liefert einen hellen OLED-Screen mit brillanten Farben ab. Bei der Kamera hat Samsung aus den letztjährigen Fehlern gelernt und liefert ein System ab, das überzeugt. Dasselbe gilt für den Akku, auch wenn er zwischendurch doch etwas schneller leer ist, als man das gerne hätte. Verbesserungspotenzial gibt es beim Laden, wo Samsung sich strikt weigert, höher als 25 Watt zu gehen. Damit lädt man zwar zügig, aber nicht so schnell wie bei der chinesischen Konkurrenz.
Was einigen auch nicht gefallen dürfte, ist das Wegfallen des Einschubs für externe Speicherkarten. Immerhin ist das Modell mit der nächstgrösseren Speichervariante nicht unverhältnismässig viel teurer, wie das bei anderen Herstellern der Fall ist. Wer seine Fotos allerdings nicht in der Cloud speichern möchte, sollte von Anfang an das teuerste Modell mit 512 GB Speicher kaufen – das leider nur im Samsung-Shop erhältlich ist, wodurch die Preise vermutlich nicht sinken werden.
Unter dem Strich kriegt man ein top modernes Handy mit einer High-End-Ausstattung. Das hat allerdings auch sein Gewicht und natürlich seinen Preis. Immerhin ist Samsung hier etwas runtergegangen und verlangt für das Einstiegsmodell “nur” 1249 Franken. Dafür gibt es 128 GB Speicher. Wer mehr möchte, bezahlt 1299 Franken (256 GB) oder 1429 Franken (512 GB).