Sennheiser hatte letztes Jahr eine turbulente Zeit. Der damalige Chef hat öffentlich eingestanden, dass man das Rennen um den Thron bei kabellosen Kopfhörern falsch eingeschätzt hat. Man habe unterschätzt, dass der Lifestyle-Faktor für Nutzer:innen genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger als der Klang sei.
Eine späte Erkenntnis, die dazu geführt hat, dass die Consumersparte von Sennheiser verkauft worden ist. Doch nun schaut man wieder nach vorne und hat mit dem Momentum True Wireless 3 einen neuen Premium-Kopfhörer am Start. Die grosse Frage ist hier natürlich: Kann der neue kabellose Kopfhörer die Schwächen des Momentum True Wireless 2 ausmerzen? Ich hatte die Möglichkeit den aktuellen Premium-Kopfhörer rund zwei Monate zu testen, um genau das herauszufinden.
Design
Es ist natürlich spannend, wenn Sennheiser öffentlich eingesteht, den Design-Aspekt unterschätzt zu haben. Und tatsächlich: Bei den Momentum True Wireless 3 hat der Hersteller seine Design-Sprache auf schöne Art und Weise weiterentwickelt. Das eher simple und kantige Design ist etwas geschwungener geworden und wirkt nun organischer. Vor allem bei meinem Testexemplar, das in weiss daherkommt, sieht das sehr schön aus.
Nein, ein Lifestyle-Kopfhörer ist auch der Momentum True Wireless 3 nicht. Sennheiser hat sich noch nicht getraut, etwas mehr zu wagen (oder will es schlicht nicht). Man kann es aber auch so sehen, dass die Kopfhörer eine schöne Abwechslung zu all den anderen Kopfhörern von Samsung, Oppo oder Sony darstellen, die allesamt mehr oder weniger rundlich daherkommen.
Das Gehäuse ist gewohnt mit Stoff überzogen, was ihm einen edlen Look gibt. Der Nachteil ist hier allerdings, dass die Oberfläche mit der Zeit abnutzt und Staub und Fusseln festhält. Ausserdem gleitet das Gehäuse nicht so gut in engere Hosensäcke, wie Cases mit glatter Oberfläche.
Sound
Sennheiser hat bei den Momentum True Wireless 3 dynamische Treiber mit 7 Millimetern eingebaut. Diese liefern einen Frequenzgang von 5 Hz bis 21 kHz.
Klanglich konnte ich tatsächlich nichts finden, dass ich bei den Momentum True Wireless 3 bemängeln könnte. Das Klangbild ist schön ausgewogen und sorgt dafür, dass kein Musikgenre abschmiert. Bass ist vorhanden, aber nicht so überborden, dass man die Kopfhörer als basslastig bezeichnen kann. Die Höhen wiederum klingen nicht überspitzt, die Mitten sind gut abgestimmt.
Selbstverständlich kannst du in der App mit dem Equalizer alles so einstellen, wie du es möchtest. So kannst du dann auch den Bass etwas mehr hervorholen. Ich für meinen Teil war mit den Voreinstellungen schon mehr als zufrieden. Hier hat Sennheiser einen wirklich sehr guten Job gemacht.
Rauschunterdrückung
Die Rauschunterdrückung der Momentum True Wireless 3 ist gegenüber dem letztjährigen Modell nicht merklich besser geworden. Schlecht ist sie deswegen nicht, allerdings schaffen es die Kopfhörer nicht, sich von wesentlich günstigeren Kopfhörern abzuheben. So bieten in etwa In-Ears von Huawei oder Oppo mindestens so gutes Active Noise Cancelling bei Kopfhörern, die die Hälfte kosten. Dafür haben diese dann aber auch nicht die gleiche Soundqualität wie die Momentum True Wireless 3.
Im Premiumsegment von 200 Franken, in denen sich die Sennheiser-Kopfhörer bewegen, gebe ich den WF-1000XM4 von Sony bezüglich ANC aber klar den Vorzug. Diese schirmen Geräusche wesentlich besser ab, vor allem, wenn es windig ist. Hier haben die Momentum True Wireless 3 leider etwas Mühe, die Windgeräusche herauszufiltern. Das trübt den sonst guten Klang leider schon bei wenig Wind merklich.
Verbindung & Steuerung
So gut der Sound ist, bei der Software bekundet Sennheiser weiterhin Mühe. Immerhin: Hatte ich letztes Jahr beim Review der Momentum True Wireless 2 noch die teilweise instabile Bluetooth-Verbindung beanstandet, kann ich das nun nicht mehr tun. Die Verbindung ist jederzeit stabil, so dass ich innerhalb meiner Wohnung auch durch zwei Wände hindurch noch gut Musik hören konnte.
Sennheiser setzt bei den Momentum True Wireless 3 auf das aktuelle Bluetooth 5,2. Bei den Codecs werden SBC, AAC, aptX und aptX Adaptive unterstützt. Damit ist man in diesem Bereich up to date. Schade ist allerdings, dass die Kopfhörer keine Kopplung von zwei Geräten gleichzeitig unterstützen. Nahtloses hin- und herspringen ist so nicht möglich.
Die Software hat noch immer Nachholbedarf
Ein anderes Thema ist die App. Diese bietet alle gängigen Funktionen, mehr aber auch nicht. Sehr schade: Die App hat die Kopfhörer trotz aktiver Verbindung mit dem Smartphone nicht auf Anhieb erkannt. Sowas klappt bei der Konkurrenz definitiv besser. Ebenfalls als mühsam habe ich empfunden, dass die Touch-Steuerung zwischenzeitlich einfach Aussetzer hatte.
Die Kopfhörer sind so voreingestellt, dass man mit einmal Tippen auf den linken Kopfhörer die Geräuschunterdrückung an- oder abschaltet. Rechts kann man mit derselben Geste die Musik pausieren und wieder abspielen. Stellenweise kam es aber tatsächlich vor, dass sich die Geräuschunterdrückung nicht ab- oder einschalten liess. Habe ich dann auf den linken Kopfhörer getippt, hat stattdessen die Musik pausiert. Auch der Versuch, die Geräuschunterdrückung in der App zu aktivieren, hat dann jeweils nicht geklappt.
Wieso dieser – nennen wir es Bug – aufgetreten ist, kann ich nicht sagen. Mir schien es, als tritt diese Fehlfunktion zufällig auf, ohne, dass sich Gemeinsamkeiten der einzelnen Aussetzer feststellen lassen. Es bleibt nur zu hoffen, dass Sennheiser das mit einem zukünftigen Update beheben kann. Damit bleibt die Software noch immer Sennheisers Achillesferse.
Telefonieren
Hier gibt es nicht viel zu sagen. Ich habe mit den Kopfhörern mehrere Stunden telefoniert, in leisen wie lauten Umgebungen. Niemand von meinem Gesprächspartnern hatte sich beschwert, dass ich schlecht zu hören sei. Wenn ich jeweils expliziet nachgefragt habe, hiess es immer, dass ich deutlich und ohne nervige Nebengeräusche zu hören sei.
Akku
Beim Akku hat Sennheiser einen sehr guten Job gemacht. Ja, das Case ist etwas grösser, dafür erhält man eine Gesamtakkulaufzeit, die viele andere Kopfhörer um mehrere Stunden übertrifft. Sennheiser gibt die Akkulaufzeit der Kopfhörer mit sieben Stunden an, mit Case kann man diese auf stattliche 28 Stunden erweitern. Das ist natürlich nur ein theoretischer Wert, der in der Praxis kaum erreicht wird. In meinem Test musste ich – obwohl ich täglich mehrere Stunden Musik und Hörbücher höre – die Kopfhörer maximal einmal pro Woche aufladen. Wer die Kopfhörer jeden Tag nur etwa zwei Stunden nutzt, schafft mit einer Akkuladung sogar weit mehr als eine Woche.
Fazit
Die Momentum True Wireless 3 sind leider noch nicht Sennheisers grosses Meisterstück, so sehr ich mir das gewünscht hätte. Wie zu erwarten, punkten die In-Ears mit sehr gutem Klang und dürften damit die Erwartungen der Fans befriedigen. Erfreulich ist auch, dass Sennheiser die Probleme der Bluetooth-Verbindung der Vorgänger beheben konnte. Sehr schön ist auch die richtig gute Akkulaufzeit, die je nach Hörverhalten, über eine Woche betragen kann. Das Noise Cancelling ist gut genug, lässt aber etwas mehr Windgeräusche durch, als nötig.
Wo Sennheiser aber noch immer Nachholbedarf hat, ist bei der Software. Die App ist nicht sonderlich umfangreich und hat sogar Probleme, neue Kopfhörer auf Anhieb zu erkennen. Sehr ärgerlich ist es aber, wenn die Touch-Steuerung darunter leidet. Vor allem im Alltag, wo man das Noise Cancelling immer mal wieder ab- und wieder einschalten muss, kann das sehr mühsam sein. Immerhin: Wenn Sennheiser es schafft, diesen Bug via Update zu beheben, kriegst du mit den Momentum True Wireless 3 ein gutes Gesamtpaket.