Sony Alpha a7 IV im Test: Was kann die neue spiegellose Systemkamera?
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Sony Alpha 7 IV im Test: Die fast perfekte Hybrid-Kamera

Pascal Scherrer
Pascal Scherrer

Im Oktober hat Sony nach dreieinhalb Jahren das Nachfolgemodell der Alpha 7 III vorgestellt. Die a7 IV soll technisch primär durch den neu entwickelten Sensor mit 33 Megapixeln und einem schnelleren Autofokus überzeugen. Dieser wurde von der bereits erschienenen Alpha 1 übernommen. (Unseren Test zu dieser Kamera gibt’s hier). Unser Kameraexperte Jan Janutin hat sich die Alpha 7 IV genauer angeschaut und sie auch direkt in seinem Arbeitsalltag als Kameramann integriert. Im anschliessenden Review-Interview hat er uns geschildert, wie sich die Alpha 7 im professionellen Umfeld geschlagen hat.

vybe:

Du hast die Sony Alpha 7 IV getestet. Wie lange?

Jan Janutin:

Drei Wochen.

Was hast du in dieser Zeit alles mit ihr gemacht?

Ich habe sie bei zwei Projekten als Hauptkamera genutzt, danach noch für weitere Projekte als B-Cam, neben der Sony Alpha 7S III.

Sony Alpha a7 IV im Test: Rückwärtige 3/4-Ansicht mit Objektiv.
Bild: vybe

Worum hat es sich bei diesen Projekten konkret gehandelt?

Das Meiste waren Imagefilme und Interviews, bei denen ich Personen filmen musste, die auf einem Stuhl sitzen und etwas über sich und ihre Arbeit erzählen.

Klingt jetzt nicht nach einer besonderen Herausforderung für die Alpha 7 IV?

Stimmt. Aber das Problem bei solchen Interviews ist, dass die Leute selten still dasitzen. Sie sind nervös und bewegen sich daher oft unbewusst, neigen sich nach vorne und wieder zurück. Wenn du da manuell fokussierst, hast du keine Chance, also bist du auf einen guten Autofokus angewiesen, der schnell und zuverlässig reagiert – und hier ist die a7 IV schon top.

Okay. Aber gehen wir doch zuerst auf die negativen Aspekte ein. Was hat dir an der Kamera weniger gefallen?

Ich möchte jetzt nicht gross auf die Fotoqualität eingehen, da ich die Kamera hauptsächlich zum Filmen verwendet habe. Ich bin sowieso der Ansicht, dass moderne Systemkameras im Fotografiebereich alle auf einem ähnlichen Niveau sind. Beim Filmen hat mich die Kamera begeistert. Tatsächlich gibt es nur etwas, das mich wirklich gestört hat.

Und das wäre?

Filmst du mit 4k mit 50 Bildern pro Sekunde, hast du einen 1,5-fachen Crop. Also mit 4k und 25 fps ist es Vollformat und mit 50 fps ist es, als hättest du einen APS-C-Sensor drin. Das macht dann halt je nach Brennweite schon viel aus. Wenn du beispielsweise ein Objektiv mit 35 Millimeter drauf hast, ist das nachher wie 50 Millimeter, wenn du mit 4k und 50 fps filmst.

Sony Alpha a7 IV im Test: Seitenansicht mit Objektiv.
Bild: vybe

Ansonsten hat dich gar nichts gestört?

So richtig nicht, nein. Die A7 IV ist wirklich super. Vom Body her ist sie etwa zu 95 Prozent identisch mit der A7 S III. Der grösste Unterschied (nebst den Kartenslots) ist das Rädchen rechts oben, dass bei der S III für die Blendenkompensation verwendet wird. Bei der Alpha 7 IV kannst du das nun frei belegen – was einfach viel cooler ist. Ich habe das für mich mit Audio belegt, damit ich während des Filmens die Lautstärke verstellen kann.

Also würdest du sagen, dass du mit der Bedienung zufrieden bist?

Auf jeden Fall. Für mich ist die Alpha 7 IV von der Bedienung her die bisher beste Sony-Kamera. Du kannst einfach jeden Knopf programmieren – ausser natürlich die Ein-  und Ausschalttaste.

Sony Alpha a7 IV im Test: Köpfe und Rädchen lassen sich programmieren.
Tasten und Rädchen lassen sich individuell belegen. | Bild: vybe

Wie sieht es denn mit dem Menü aus?

Das ist okay. Die Alpha 7 IV hat das neue Menü, das bisher nur die Alpha 1 und die A7S III haben. Ich kam damit gut zurecht, auch wenn einige Punkte hätten besser gelöst werden können. Aber du kannst dir dein Menü selbst zusammenstellen. Ich habe mir jetzt einfach die Optionen, die ich am häufigsten brauche, in eine eigene Kategorie gepackt und sonst habe ich alles auf die Tasten und Rädchen verteilt. Das hat für mich wunderbar funktioniert.

Alles klar. Zurück zu deinen Videoprojekten. Du hast gesagt, der Autofokus sei bei Interviews wichtig, weil die Leute gerne vor- und zurückwippen. Wie ist denn der Autofokus der Alpha 7 IV?

Ich war echt hin und weg. Es erkennt Gesichter von selbst, folgt ihnen und stellt sie fortlaufend scharf. Willst du auf Nummer sicher gehen, kannst du den Focus Lock mit einfachem Tippen und Halten auf ein Gesicht legen. Danach trackt die Software die Gesichter zuverlässig, selbst, wenn sich eine Person zur Seite dreht. Ich kann mich nicht erinnern, dass meine Aufnahmen ein einziges Mal nicht scharf gewesen sind. Die Kamera hat den Fokus nicht ein einziges Mal verloren.

Du kannst den Autofokus auch konfigurieren. Wie schnell soll er reagieren, wie stark soll er Objekten folgen, solche Sachen. Du kannst auch einstellen, wie der Autofokus reagieren soll, wenn jemand vor dem fokussierten Objekt vorbeigeht: Soll er auf die vorbeigehende Person scharf stellen oder nicht?

Sony Alpha a7 IV im Test: Ansicht von oben.
Bild: vybe

Schlechtes Licht ist auch immer ein Thema beim Filmen. Was hast du da für Erfahrungen gemacht?

Da kann ich leider nicht so viel dazu sagen. Interviews sind natürlich immer perfekt ausgeleuchtet. Ich habe mit der Kamera auch abseits gut ausgeleuchteter Sets noch etwas herumgespielt und zumindest da ist mir bei keinem ISO-Wert, den ich im normalen Alltag verwenden würde, aussergewöhnliches Bildrauschen aufgefallen.

Mir scheint es aber – auch wenn das Sony meines Wissens offiziell nicht kommuniziert – als unterstütze die Alpha 7 IV Dual Native ISO. Ich weiss nicht, wieso Sony das nicht kommuniziert, aber da ist definitiv was vorhanden. Es kommt auf das Farbprofil an, aber bei S-Log 3 beispielsweise, fängt ISO bei 800 an und bei ISO 2500 hat man sichtbares Bildrauschen. Schalte ich dann allerdings auf ISO 3200 um, ist das Rauschen praktisch weg.

Sony Alpha a7 IV im Test: Frontalansicht ohne Objektiv.
Bild: vybe

Dann wäre da noch die Bildstabilisation. Welche Erfahrungen hast du damit gemacht?

Es gibt drei Stabilisierungsmodi, aber nur zwei davon sind relevant, denn beim dritten merkt man kaum, dass da etwas stabilisiert wird. Das sieht dann auch dementsprechend aus. Dann gibt es den, der den Sensor stabilisiert und mit dem Objektiv zusammenarbeitet, wenn dieses eine Bildstabilisierung hat. Der ist okay und nimmt vor allem dieses leichte Zittern raus.

Dann gibt es noch den aktiven Bildstabilisator. Der croppt ein wenig rein, ich schätze so fünf bis zehn Prozent, und der ist tatsächlich nicht schlecht. Ich würde sagen, etwa auf dem Niveau einer digitalen Stabilisierung, die man sonst in der Post Production nutzt, etwa der Warp Stabilizer bei Premiere Pro. Ich war da bisher immer etwas skeptisch, wenn es um digitale Stabilisation bei Systemkameras ging. Aber bei der α7 IV ist der wirklich nützlich, wenn du die Kamera in der Hand hast und noch schnell bei einer Person nachziehen willst.

Das alles nützt natürlich nichts, wenn die Akkulaufzeit nicht stimmt. Wie sieht es denn damit aus?

Die ist durchschnittlich. Der Akku ist winzig. Filmt man einen ganzen Tag in 4k, kommt man mit zwei bis drei Akkus über die Runden. Alternativ kann man die a7 IV auch via USB-C mit Strom versorgen.

Wie macht sich denn das Gewicht bemerkbar, wenn du den ganzen Tag mit einer Alpha α7 IV arbeitest?

Also der Body ist richtig leicht. Für meinen Geschmack dürfte er etwas schwerer sein, denn wenn man ein grösseres Objektiv hat, ist die Kamera sehr frontlastig. Da kommt noch hinzu, dass der Griff etwa einen Fingerbreit zu wenig hoch ist. Da würde ich mir vermutlich ein L-Bracket oder eine Platte für unten dran kaufen, damit der Griff etwas grösser ist.

Sony Alpha a7 IV im Test: der Griff ist etwas zu klein.
Bild: vybe

Dein Fazit nach drei Wochen mit der Alpha α7 IV?

Es ist eine sehr, sehr coole Kamera, die extrem viel kann. Sie ist aber kein Einsteiger*innenmodell mehr. Bisher war die 7er-Linie bei Sony, also a7 II, a7 III, immer das Basismodell, was den Preis anging. Die a7 IV ist nun ein ganzes Stück teurer, bietet aber auch einige neue Funktionen.

Also würdest du die α7 IV nicht mehr für Einsteiger*innen empfehlen?

Doch, das schon. Aber der Body kostet 3000 Franken – und dann hast du noch kein Objektiv. Wenn du da nur ein wenig in deiner Freizeit fotografierst oder filmst, ist das schon eine Menge Geld. Nicht falsch verstehen: Die a7 IV ist gegenüber ihrem Vorgängermodell viel, viel besser geworden, was die Preiserhöhung rechtfertigt. Für mich ist sie damit aber preislich kein Einsteiger*innenmodell mehr.

Für wen lohnt sich denn der Kauf dieser Kamera?

Grundsätzlich lohnt sich diese Kamera wohl für so ziemlich alle. Also auch für Leute, die nur in den Ferien etwas Filmen und Knipsen wollen – vorausgesetzt, du willst so viel Geld ausgeben. Andererseits: Wer einfach eine Kamera für die Ferien möchte, kann auch eine Fujifilm XT4 kaufen. Die kostet etwa die Hälfte und den Unterschied bei den Fotos sehen Laien kaum.

Wenn du aber mit deiner Kamera wirklich arbeitest und auf sie angewiesen bist, dann ist die a7 IV eine grossartige Wahl. Sie macht tolle Fotos, sie macht grossartige Videos und das Beste für mich ist wirklich, dass sie so konfigurierbar ist. Du kannst sie perfekt auf deine Bedienvorlieben anpassen. Klar, für noch bessere Fotos gibt es die Alpha 7 R IV und für noch bessere Videos die a7 S III. Aber wer sich nicht zwei Kameras kaufen möchte, erhält mit der Sony Alpha 7 IV einen perfekten Hybrid aus beiden Welten.

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