Vielleicht hast du jetzt auf diesen Beitrag geklickt und erwartet, dass du einen Bericht über Samsung, LG oder Sony liest. Tatsächlich ist aber keiner dieser drei Hersteller auf dem 2. Platz der weltgrössten TV-Hersteller zu finden. Samsung führt die Rangliste wenig überraschend an. Dahinter kommt eine Techfirma, die bei uns noch nicht so bekannt ist: TCL Technology oder einfach schlicht TCL. Laut Wikipedia steht die Abkürzung für The Creative Life und genau dieses kreative Leben will TCL nun mit ihren Produkten auch in die Schweiz bringen. TCL ist nebst Samsung einer der wenigen Hersteller, der ein umfassendes Angebot an Haushalt- und Unterhaltungselektronik anbietet. So kann man sich nebst Kopfhörern, WLAN-Routern, Smartphones und natürlich Fernseher, auch Kühlschränke, Waschmaschinen oder Klimaanlagen mit dem TCL-Logo darauf kaufen.
TCL will mit neuster Technik den Schweizer Markt erobern
In der Schweiz möchte TCL aber vor allem mit seinen Fernsehern durchstarten. Um die Schweizer Kundschaft zu überzeugen, fährt das chinesische Unternehmen eine Strategie, die auch Huawei gross gemacht hat: Günstige Produkte, die trotzdem richtig potente Technik verbaut haben. So kostet TCLs Flaggschiff-Smartphone TCL 20 Pro 5G in der Schweiz nicht einmal 450 Franken, ein Preisbereich, in dem andere Hersteller höchstens ihre Mittelklasse-Handys anbieten. Auch bei den Fernsehern geht es bereits bei unter 450 Franken los, allerdings nicht im High-End-Bereich.
Wer sich TCLs neues TV-Flaggschiff, das X92 Pro, auf sein TV-Möbel stellen will, muss doch etwas tiefer in die Tasche greifen: 10’599 Franken lautet die unverbindliche Preisempfehlung. Da schluckt man erstmal leer. Allerdings bekommt man für diesen Preis auch das Allerneuste, was die TCL-Ingenieur*innen in ihren Laboren ausgetüftelt haben:
- Das MiniLED-Panel hat eine Diagonale von 85 Zoll und löst in 8k auf. MiniLED wird von TCL als auch Samsung und LG als «the next big thing» beworben. TCL geht jetzt noch einen Schritt weiter und hat mit dem X92 Pro den ersten sogenannten OD-Zero-Fernseher vorgestellt. Was es damit genau auf sich hat, dazu kommen wir gleich.
- Der X92 Pro unterstützt sämtliche High-Dynamic-Range-Formate (HDR10, HDR HLG, HDR10+ , HDR DOLBY VISION and DOLBY VISION IQ). TCL hat sich für sein neues Flaggschiff sogar ein eigenes Format ausgedacht: 8K HR Premium 1000. Die Zahl am Schluss steht dabei für die 1000 Nits Peak Brightness, die das Bild erreicht.
- Für richtig satte Farben soll die Nanopartikel-Technologie namens QLED sorgen. Kommt euch bekannt vor? Klar, denn auch andere Hersteller wie Samsung oder Hisense setzen auf QLED. Im Zusammenspiel mit MiniLED sorgt QLED für hervorragenden Kontrast und ein schön grosses Farbvolumen.
- Für scharfe Bilder sorgen 100 Hertz Bildwiederholungsrate, während 120 fps und HDMI 2.1 das Herz der Game-Community höher schlagen lassen dürfte.
- Das Soundsystem ist in Zusammenarbeit mit dem Audioexperten Onkyo entstanden und unterstützt Doly Atmos.
- Der X92 Pro ist einer der ersten Fernseher von TLC, der in der Schweiz mit Google TV ausgeliefert wird. Welche Vorteile das neue OS bietet, lest ihr weiter unten.
Uns hat TCL in sein europäisches Hauptquartier in Paris eingeladen, wo wir uns den neuen Stolz der Firma in deren Showroom etwas genauer anschauen durften.
OD-Zero oder die nächste Stufe von MiniLED
Das Alleinstellungsmerkmal, mit dem TCL beim X92 Pro punkten möchte, ist das bereits erwähnte OD-Zero. Der Begriff steht für Optical Zero und beschreibt, wie klein der Abstand zwischen den MiniLEDs und dem Displayglas ist. Ganz null ist der Abstand natürlich nicht, allerdings dünner als ein Haar. Von Auge ist der minimale Abstand also nicht auszumachen, eben «Optical Zero». Dieser winzige Abstand und die winzige Grösse der MiniLEDs (nur 152 Mikrometer) sollen in der Theorie dafür sorgen, dass das Bild viel besser ausgeleuchtet wird. Gegenüber Konkurrenten wie Samsung und LG, die ebenfalls mit ersten MiniLED-TVs aufwarten, gibt sich TCL selbstbewusst, spricht gar davon, dass man einen technologischen Vorsprung habe.
Wie gut OD-Zero wirklich ist, werden wir wohl erst wissen, wenn der X92 Pro erstmals in freier Wildbahn getestet wird. Das Modell, das wir zu sehen bekamen, ist nämlich nicht unbedingt dasselbe, welches dann in Serie geht und ab Ende 2021/Anfang 2022 zu kaufen sein wird. Spannend wird, ob TCLs neue Bildschirmtechnologie mit OLED-TVs mithalten kann. Wir erinnern uns: Die Pixel bei OLED-Displays sind selbstleuchtend und schaffen damit einen Kontrast, an den LCD-Fernseher bisher kaum herangereicht haben (es kommt wohl auch etwas darauf an, wen man fragt). Die MiniLED beim X92 sind zwar winzig, aber eben noch nicht klein genug, um nur hinter einem Pixel platziert werden zu können. Mit OD-Zero will TCL aber nun dennoch mit einem Kontrast aufwarten, der dem von OLED-TVs in nichts nachsteht. Zumindest anhand des Demomodels in der TCL-Europazentrale bin ich da eher skeptisch. Ja, die Schwarzwerte sehen gut aus, sogar richtig gut. Ob TCL damit fähig ist, einen OLED-Fernseher in einer ähnlichen Preiskategorie zu schlagen? Ich würde nicht darauf wetten.
Für den X92 Pro braucht es ein ziemlich grosses TV-Möbel
Der TCL X92 Pro ist dann vor allem auch eines: Eine Demonstration, was aktuell im Bereich LCD-TVs möglich ist. Optisch ist der Fernseher eher gewöhnungsbedürftig. Ein schmaler Rahmen hat er, aber der massive Ständer und die integrierte Soundbar machen aus dem X92 Pro ein wuchtiges Stück Fernseher. Wer da kein grosses TV-Möbel hat, guckt in die Röhre. Allerdings scheint der X92 Pro sowieso darauf ausgelegt zu sein, ohne TV-Möbel im Wohnzimmer aufgebaut zu werden. Wer ihn dennoch auf einen Unterbau stellen möchte, kann die Höhe des Ständers etwas reduzieren. Die grosse Soundbar bleibt aber. Für meinen Geschmack hat TCL den Fernseher mit dem wuchtigen «Gestänge» und der brettartigen Soundbar keinen Gefallen getan. Aber vielleicht stehe ich mit dieser Meinung ja alleine da.
Viel besser gefallen haben mir da die beiden kleineren Versionen der X92-Serie. Diese kommen ohne das Pro im Namen aus, was sich allerdings nur darin äussert, dass man auf OD-Zero verzichten muss. Ansonsten bekommt man einen MiniLED-Fernseher, wahlweise in 75 oder 65 Zoll, der die ganzen Top-Features des X92 Pro mitbringt. Die Soundbar von Okyo ist im Fernseher integriert, was in wesentlich schlanker macht. Wie beim grossen Pro-Modell leisten die Lautsprecher 60 Watt bei einer 2.1-Kanal-Konfiguration.
Smartes Upscaling auf 8k
Die grosse Frage ist natürlich: Braucht man überhaupt einen 8k-TV. Und wenn man ehrlich ist, muss man sagen: Nein. Entsprechende Inhalte gibt es noch nicht wirklich, also warum Geld für einen 8k-TV ausgeben? Eine Antwort kann sein: Damit man für die Zukunft gewappnet ist. Wir leben aber noch in der Gegenwart und in dieser müssen wir uns mit HD-, 2k- und 4k-Inhalten «rumschlagen». Wer unter euch einen 4k-TV hat, weiss, dass das bezüglich Bildqualität trotz Upscaling ziemlich nach hinten losgehen kann, wenn die Videodatei keine nativ passende Auflösung hat.
TCL möchte ein schlechtes Upscaling mit künstlicher Intelligenz verhindern. Die sogenannte 8k AI rechnet Bilder in kleinerer Auflösung hoch, in dem sie jedes Standbild online mit Millionen Referenzbildern vergleicht. So soll die KI verstehen, was auf dem Bild zu sehen ist und es besser hochrechnen können. Tatsächlich erkenne die KI, so TCL, wenn sich zum Beispiel Wald und Häuser im gleichen Bild befänden und würde beide Elemente anders hochrechnen. Warum die KI das tut? Weil eine graue Mauer beispielsweise auch mit etwas weniger Details in 8k noch immer gut aussieht, während die filigranen Elemente eines Waldes viel schärfer sein müssen. Oder sehr trivial ausgedrückt: Statt über ein Bild einfach einen einzigen Filter zu knallen, wird das Bild angeschaut und jeder Bereich individuell mit Filtern bearbeitet.
Google TV für einfachere Bedienung
Erfreulich ist auch, dass TCL seine neuen Fernseher direkt mit Google TV ausliefert. (Alte Modelle ab 2020 werden in den nächsten Monaten von Android TV auf Google TV umgestellt). Gegenüber Android TV bietet Google TV eine schön aufgeräumte Oberfläche, in dessen Startseite alles zusammenläuft. Statt man also seine diversen Streaming-Apps einzeln aufstarten und nach Filmen und Serien suchen muss, kann man das jetzt direkt auf der Startseite von Google TV tun. Sucht man beispielsweise nach «Spider-Man» durchsucht Google TV alle installierten Apps, sei es nun Netflix, YouTube oder Wilmaa nach Inhalten zum Suchbegriff und zeigt diese an.
Wer möchte, kann nun auch mit dem Google Assistant sprechen. Das geht dank des eingebauten Frontmikrofons in den X92-Modellen ganz einfach. Auch Videochatten ist mit den neuen Fernsehern kein Problem, denn alle drei kommen mit Kameras im Lieferumfang. Während diese beim X92 Pro ein- und ausfahrbar ist, steckt man sie bei den kleineren Modellen einfach in einen Schacht im Rahmen auf der Oberseite. Wer die Kamera nicht nutzen möchte, kann sie auch weglassen und den Schacht mit einem mitgelieferten Pfropfen «abdichten». Wer sich auch mit dem eingebauten Mikrofon nicht wohlfühlt, kann es einfach über einen physischen Knopf am Fernseher deaktivieren.
Noch vor Ende Jahr in den Läden – zumindest zwei davon
Unter dem Strich hat TCL drei sehr interessante MiniLED-Fernseher vorgestellt. Klar, das Vorzeigemodell von TCL ist die Pro-Variante mit OD-Zero, was auch eine sehr interessante Technologie ist. Rein optisch haben mich aber die kleineren, schlichteren Modelle mehr angesprochen. Zusammen mit dem verbauten MiniLED-Display und Google TV kriegt man hier, zumindest auf dem Datenblatt, ein richtig vielversprechendes Gesamtpaket.
Die Varianten mit 65 und 75 Zoll sollen noch in diesem Jahr für einen UVP von 3299, respektive 4299 Franken erscheinen. Der X92 Pro wird voraussichtlich im Dezember oder Januar erscheinen.
Übrigens: Wenn es etwas günstiger sein soll, gefällt dir vielleicht dieser Fernseher von Panasonic.