In der Schweiz scheint «The Bear» bis jetzt nicht so richtig angekommen zu sein. Dabei ist die Serie wohl etwas vom Besten, was die Streaming-Landschaft in den vergangenen zwei Jahren hervorgebracht hat.
Worum es geht? Kochen. Aber auf sehr hohem Level. Wobei nicht ganz. Denn der Spitzenkoch Carmen «Carmy» Berzatto kehrt der Sterneküche den Rücken, um den heruntergekommenen Imbiss seines Bruders zu übernehmen – nachdem dieser Selbstmord begangen hat.
Eine visuelle Wucht
Was dann folgt, ist ein Serienerlebnis, das mich visuell und erzählerisch völlig geflasht hat. Ich habe noch nie erlebt, dass der Stress, der in einer Restaurantküche herrscht, von der Kamera so gut eingefangen wurde. Wenn du dich ein wenig mit Filmen auskennst, wird dir dabei garantiert einige Male die Kinnlade herunterklappen.
Trailer der ersten Staffel:
Vor allem, wenn in Folge 7 eine Plansequenz über fast die ganze Laufzeit der Episode aufrechterhalten wird, um die Intensität des Kochhandwerks zu zeigen, ist das einfach nur beeindruckend. Ob dabei mit versteckten Schnitten getrickst wurde, ist egal, denn das Ergebnis ist so oder so beeindruckend.
Hier ein kleiner Ausschnitt dieser Plansequenz:
Figuren, die bewegen
Beeindruckend ist auch die erzählerische Dichte, deren hohes Niveau auch nach zwei Staffeln nicht nachlässt. Die einzelnen Charaktere berühren. Zum einen natürlich Hauptdarsteller Jeremy Allen White, der Carmy einfach grandios spielt. Der Höhepunkt in der zweiten Staffel (oder war es doch die Erste?), ist wohl die Szene, als er einen rund fünfminütigen Monolog hält, während die Kamera ohne Unterbruch auf sein Gesicht hält. Das ist Schauspielkunst auf höchstem Niveau.
Aber auch die weiteren Darsteller sind grossartig. Ayo Edebiri, die die junge Sydney spielt, welche dahin möchte, wo Carmy herkommt. Dabei findet sie in Carmy einen vermeintlichen Mentor, kommt aber immer wieder mit dessen inneren Dämonen in Konflikt.
Der Höhepunkt ist für mich aber Richie, ein Charakter, der mich zu Beginn zu tode genervt hat. Nicht weil er schlecht geschrieben ist, sondern, weil er ein richtig mühsamer Charakter ist – und das richtig, richtig gut rüberkommt. Diesen Menschen mag man nicht, selbst, wenn sich einem eröffnet, weshalb er so ist, wie er ist. Und doch hat es die Serie am Ende geschafft, dass man ihm irgendwann einen Sieg wünscht.
Nichts für nebenbei
Für mich ist «The Bear» eine der aktuell wohl besten Dramaserien, die es zu sehen gibt. Aber Achtung: Die Serie wird dir alles abverlangen. Nebenbei am Smartphone hängen, ist nicht. Hier ist deine volle Aufmerksamkeit gefordert. «The Bear» ist aber auch keine Serie zum Binge-Watchen. Die Weihnachtsepisode in Staffel 2 etwa, war so intensiv, so überwältigend, dass ich nach der halben Folge eine Pause gebraucht habe.
Das ist aber nichts Schlechtes, denn hier passiert einfach so viel, dass du nicht mal eben eine ganze Staffel am Stück schauen willst. Stattdessen wirst du nach der halben Staffel schwitzend und ausser Atem auf dem Sofa sitzen und um eine Pause betteln – als hättest du deinen ersten Arbeitstag in einem Michelin-Restaurant hinter dir.
«The Bear» Staffel 3: Start im Sommer
Wenn du die Serie bereits kennst, wartest du sicher genauso sehnsüchtig auf die neue Staffel wie ich. In den USA wird die Serie am 27. Juni mit einer Folge pro Woche starten. Wann es in der Schweiz losgeht, hat Disney+ leider bisher nicht verraten. Ich befürchte aber, dass wir wie letztes Jahr wieder zwei Monate warten müssen, bis die Serie aufgeschaltet wird. Ein kleiner Trost ist, dass wir dann wohl wieder alle Folgen am Stück schauen können – natürlich mit Pausen dazwischen.