VW ID. Buzz: Der vollelektrische Bulli im Test
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eMobilität Elektroauto Fahrbericht

VW ID. Buzz: Der vollelektrische Bulli im Test

Bruno Rivas
Bruno Rivas

Wer auf der Suche nach einem Elektroauto mit (sehr) viel Platz ist, der findet auch Anfang 2024 leider nur eine ziemlich überschaubare Auswahl an Fahrzeugen vor. Fakt ist, SUVs mit Elektroantrieb gibt es zuhauf, doch die sind oftmals für Familien mit mehreren Kindern (und reichlich Gepäck für die Ferien) schon fast zu klein. Beliebt, insbesondere bei Grossfamilien, sind Vans oder in anderen Worten Minibusse.

Und genau so einen Minivan hat der deutsche Autobauer VW mit dem ID. Buzz in vollelektrischer Form seit ca. Ende 2022 auch in der Schweiz im Angebot. Ich durfte den ID. Buzz in der Launch-Version (mehr Details zum Testfahrzeug folgen sogleich..) während zwei Wochen ausfahren. Was ich dir schon hier sagen kann: Kein anderes Fahrzeug weckte bisher so viel Interesse bei meiner Familie samt Freundeskreis. Ja, sogar von fremden Personen auf der Strasse wurde ich mehrmals auf den ID. Buzz angesprochen.

Woran das liegt? Nun, der VW ID. Buzz polarisiert zweifelsohne mit seinem Aussehen. Einerseits hatte das von mir getestete Fahrzeug eine Doppellackierung in Candy-Weiss/Energetic Orange, was schon mal für Aufmerksamkeit sorgte und mir so nebenbei erwähnt äusserst gut gefallen hat, und andererseits ist da das bullige Erscheinungsbild. Ja, auf den Schweizer Strassen fällt man mit dem VW ID. Buzz auf.

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Das Testfahrzeug

Mir wurde als Testfahrzeug der ID. Buzz Pro Launch mit Doppellackierung Candy-Weiss/Energetic Orange (2892.- Franken) überlassen. Er verfügt über einen 150 kW (204 PS) starken E-Motor an der Hinterachse und eine 77-kWh-Batterie. An Mehrausstattungen war unter anderem das Design Paket (1810.- Franken), Infotainment-Paket Plus (1594 Franken), Open & Close Paket Plus (1993 Franken), Komfort Paket Plus (1982 Franken), Paket Assistenz Plus (1600 Franken), Anhängevorrichtung anklappbar (1002 Franken) und das Premium Interieur Style Plus (3442 Franken) dabei. Damit ergibt sich ein Gesamtpreis von 85’001 Franken.

Das Design erinnert an den altehrwürdigen Bulli

VW ist es gelungen, das Kult-Design des altehrwürdigen Bulli (T1 und T2) in die heutige Zeit zu transformieren. Der Charme hat darunter offensichtlich nicht gelitten, was die vielen Reaktionen von Passanten auf der Strasse eindrücklich bewiesen haben. Die Doppellackierung, die wenig überraschend optional kostet, ist ein echter Hingucker und ein willkommener Farbtupfer in der Automobilbranche.

Ein weiterer Hingucker ist zweifelsohne die Ambientebeleuchtung im Innenraum, die je nach Lust und Laune farblich angepasst werden kann. Cool sieht auch das schmale Lichtband unterhalb der Frontscheibe aus, das dynamische Lichtsignale wiedergibt. Mit unterschiedlichen Lichtimpulsen wird darüber beispielsweise signalisiert, in welche Richtung laut Navigation als nächstes gesteuert werden soll, ob das Fahrzeug fahrbereit ist oder die Batterie gerade geladen wird.

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Nicht an vergangene Zeiten erinnern die elektrischen Schiebetüren, die optional dazu gebucht werden können. Das gab es bei den ersten Bullis natürlich noch nicht, sie stellen aber durchaus einen Mehrwert dar, zumal sie auch mittels Fernbedienung geöffnet und geschlossen werden können. Kleines Manko der Schiebetüren: Die Fenster lassen sich leider nicht öffnen. Dafür öffnet sich optional sich auch der Kofferraum elektrisch per Knopfdruck oder per Fussbewegung. Je nach Ausstattungsvariante gibt es an jedem Sitzplatz einen USB-C-Anschluss. Im Armaturenbrett, direkt neben dem Lenkrad, ist ein nach unten geneigter Schacht zu finden, wo das Smartphone sicher verstaut werden kann und gleichzeitig via Wireless-Charging aufgeladen wird. Zusätzlich sind zwei USB-C-Anschlüsse zu finden.

In diesem Schacht lässt sich ein Smartphones via Wireless-Charging aufladen | Bild: vybe

Gut gelöst: Zwischen den beiden Vordersitzen gibt es optional eine zusätzliche Ablage. Wer sie nicht benötigt, kann die Ablage auch ganz einfach herausnehmen. Die Verarbeitung des Fahrzeugs ist insgesamt gut, aber bei einem Preis von weit über 80.000 Franken heben sich die verwendeten Materialien im Innenraum nicht positiv ab. Im Endeffekt kommt für meinen Geschmack recht viel (zu viel?) Hartplastik zum Einsatz.

Der Innenraum bietet ein überzeugendes Platzangebot

Wer auf der Suche nach einem Elektroauto mit einem (sehr) üppigen Platzangebot ist, der sollte sich unbedingt den VW ID. Buzz ansehen. Es gibt nur sehr wenige vollelektrische Fahrzeuge, die an das Platzangebot und das Ladevolumen auch nur ansatzweise herankommen.

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Um das mal mit Zahlen zu untermauern: Das Ladevolumen bis zur Kofferraumabdeckung beträgt 1160 Liter. Wer den Platz bis unters Dach ausnutzt, wird sogar auf 1760 Liter kommen. Klappt man nun noch die Rücksitzlehnen um, ergibt sich ein Volumen von sage und schreibe 2835 Liter. Dabei ist hervorzuheben, dass sich bei umgeklappten Rücksitzlehnen eine komplett flache Ebene ergibt. Gegen Aufpreis gibt es, wie bei unserem Testfahrzeug, einen zusätzlichen Laderaumboden. So lassen sich auch bei umgeklappten Rücksitzlehnen noch Dinge im Kofferraum bzw. im Laderaumboden verstauen.

Grosszügiges Platzangebot auch für die Insassen auf der zweigeteilten Rückbank | Bild: vybe

Das Platzangebot ist nicht nur im Kofferraum überzeugend, auch für Fahrgäste gibt es mehr als genug. Die zweigeteilte Rückbank lässt sich auf Wunsch um 15 Zentimeter verschieben, so dass auch grosse Menschen problemlos auf bequemen Sitzen Platz nehmen können. Zwei Maxi-Cosi können zweifelsohne auf der Rückbank installiert werden, die nötige Vorrichtung ist vorhanden. Damit eignet sich der ID.Buzz durchaus als Familienfahrzeug. Übrigens: Eine längere Version des ID. Buzz kommt noch dieses Jahr auf den Markt. Sie wird dann über sieben Plätze, verteilt auf drei Reihen verfügen.

Der Fahrer und Beifahrer kommen hinsichtlich Platzangebot ebenfalls nicht zu kurz. Der vordere Bereich bietet viel Beinfreiheit und auch zum Dachhimmel ist mehr als genügend Platz vorhanden. Ich empfand die erhöhte Sitzposition im VW ID. Buzz als sehr angenehm, obwohl ich mich an das neue Sichtfeld zunächst mal etwas gewöhnen musste.

Das Infotainment-System lässt sich die eine oder andere Denkpause | Bild: vybe

Infotainment hat (weiterhin) Luft nach oben

Ich muss eingestehen, dass ich mit dem Cockpit nicht ganz so warm wurde. Im Wesentlichen aus zwei Gründen: Einerseits finde ich das Display hinter dem Lenkrad als (viel) zu klein geraten. Klar, es können die wichtigsten Informationen dargestellt werden, mehr aber auch nicht. Ein Head-Up-Display gibt es momentan nicht einmal optional, was schade ist. Andererseits ist da das Lenkrad mit Touchflächen. Nein, damit wurde ich nicht glücklich – im Gegenteil. Die Touchflächen bieten überhaupt keinen Mehrwert, sie erschweren die Nutzung und haben mich als Fahrer vielmehr abgelenkt, da ich es schlichtweg nicht “blindlings” bedienen konnte. Ja, VW sollte sich baldmöglichst von diesen Touchflächen verabschieden.

Das Cockpit besteht aus einem kleinen Display (leider ohne Head-Up-Display) und einem grossen Display an der Mittelkonsole | Bild: vybe

Ansonsten bietet das Infotainmentsystem im VW ID. Buzz im Grunde genommen alles, was benötigt wird. Allerdings haben wir es nicht mit dem flüssigsten System zu tun. Hier und da sind Ruckler wahrnehmbar, was so in der heutigen Zeit eigentlich nicht mehr sein sollte. Positiv dafür, Android Auto und Apple CarPlay können kabellos genutzt werden. Angesichts des mittelmässigen Infotainmentsystems, das schlichtweg etwas altbacken wirkt, würde ich die beiden Systeme im Alltag vorziehen.

Es geht gemächlich zu und her – und das ist gut so

Nein, der VW ID. Buzz ist kein Sportwagen und will das auch nicht sein. Es gibt einen 150 kW (204 PS) starken Elektromotor an der Hinterachse. Damit beschleunigt das Fahrzeug in 10,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Das ist für ein Elektroauto natürlich nicht wirklich spektakulär. Doch es reicht absolut aus, um mit dem Buzz von A nach B zu reisen. Dabei kommt der Fahrkomfort nicht zu kurz, obwohl wir uns über ein adaptives Fahrwerk als optionale Ausstattung nicht beklagen würden. Hervorzuheben ist der äusserst gute bzw. kleine Wendekreis. Lediglich 11,09 Meter gibt VW an, womit sich der ID. Buzz auch gut durch kurvige Strassen oder engen Parklücken lenken lässt.

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Was die Rekuperation anbelangt, die gibt es natürlich auch beim ID. Buzz. Wie bei den ID-Modellen üblich, kann aus den Fahrmodi “D” und “B” gewählt werden. Im Fahrmodus “D” lässt es sich mit dem vollelektrischen Bulli so fahren, wie man es sich von einem herkömmlichen Automatengetriebe gewohnt ist. Im Fahrmodus “B” dagegen wird das sogenannte One-Pedal-Driving aktiviert. Geht man vom Gas, bremst der ID. Buzz leicht ab und lädt dabei die Batterie auf. Das funktionierte ganz gut. Zusätzliche Einstellungen, beispielsweise an der Intensität des One-Pedal-Driving, können nicht vorgenommen werden.

Im elektrischen Bulli sind zahlreiche ausgereifte Assistenzsysteme integriert. Erfreulich: Im Gegensatz zum Kia EV6 oder Hyundai IONIQ 5/6 piepsen die Assistenten nicht andauernd. Zur Serienausstattung gehören die Verkehrszeichenerkennung und der Spurhalteassistent dazu. Optional sind der Travel-Assist und der Parkassistent erhältlich und waren auch bei unserem Testfahrzeug integriert.

Travel Assist mit Schwarmdaten kann den Buzz über den gesamten Geschwindigkeitsbereich, unter anderem die Spur (auch ohne Begrenzungslinien), den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug und die eingestellte Höchstgeschwindigkeit halten. Das hat in der Praxis durchaus zuverlässig funktioniert. Einzig auf der Autobahn auf der Höhe von Ausfahrten musste hin und wieder manuell eingegriffen werden, da die Geschwindigkeit fälschlicherweise reduziert wurde.

Der Parkassistent erlaubt die Ausführung eines “trainierten Parkvorgangs”. Wird das System aktiviert, merkt sich das System den Weg bis zum Parkplatz und speichert auch das Manövrieren ab. Bis zu fünf solcher Parkmanöver können gespeichert und anschliessend auf Knopfdruck ausgeführt werden. Einmal gespeichert, haben die Parkmanöver erfreulich gut funktioniert. Tatsächlich parkt sich der VW ID. Buzz, wie von Geisterhand, automatisch in die gewünschte Parklücke.

An einer Schnellladestation lässt sich der ID. Buzz mi maximal 170 kW aufladen | Bild: vybe

Reichweite im Winter bei knapp 300 Kilometer

Den ID. Buzz habe ich Anfang Januar bei winterlichen Bedingungen in Empfang nehmen können. Die verbaute 77-kWh-Batterie erreicht offiziellen Angaben zufolge eine WLTP-Reichweite von bis zu 416 Kilometer. Der Verbrauchswert wird kombiniert mit 20,9 kWh pro 100 Kilometer angegeben. Ein realistischer Wert? Bei besseren Wetterbedingungen denkbar, nicht aber im Winter.

Mein tatsächlicher Verbrauch in den letzten zwei Wochen pendelte sich bei ca. 33 kWh pro 100 Kilometer ein. Damit bin ich auf eine Reichweite von knapp 300 Kilometer gekommen. Wie gesagt, es herrschten in diesen zwei Wochen winterliche Bedingungen mit oftmals unter 0 Grad. Wirklich überraschend ist der Verbrauch somit nicht, zumal wir es beim ID. Buzz mit einem nicht besonders aerodynamischen und mit 2.471 Kilogramm nicht leichten Fahrzeug zu tun haben.

Unter kalten, winterlichen Bedingungen erreicht der VW ID. Buzz eine Reichweite von ca. 300 Kilometern | Bild: vybe

Aufgeladen wird die Batterie an einer Schnellladestation mit bis zu 170 kW. Im Durchschnitt betrug die Ladeleistung zwischen 10 und 80 Prozent bei guten 125 kW. An einer Wallbox lässt sich der ID. Buzz mit maximal 11 kW aufladen – mehr unterstützt das integrierte Modul leider nicht und es lässt sich auch nicht optional bzw. gegen Aufpreis auf 22 kW erhöhen. Auch das sollte VW unbedingt bei der nächsten Generation ausbessern. Zumindest optional sollte es die Möglichkeit geben, an einer Wallbox mit bis zu 22 kW zu laden.

Übrigens: Der ID. Buzz unterstützt “Plug & Charge”. Damit lässt es sich an Schnellladestationen, die den Standard unterstützten, ganz einfach und ohne zusätzliche Apps oder Karten laden. Einfach einstecken und loslegen. Einfacher geht Laden nicht.

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Das Testfazit zum VW ID. Buzz: Nicht perfekt, aber…

Nein, der VW ID. Buzz ist nicht perfekt. Andererseits stellt sich zweifelsohne die Frage, welches Auto (nicht nur Elektroauto) das tatsächlich auch ist? Es gibt grundsätzlich immer etwas, das man besser machen könnte und die Liste der “Optimierungspunkte” ist beim VW ID. Buzz jetzt glücklicherweise nicht unendlich lang.

Klar, es gibt Dinge, die ich mir bei der nächsten Generation wünsche. Ganz oben auf meiner “Wunschliste” steht da ein besseres Bedienkonzept, insbesondere am Lenkrad. Nein, ich konnte mich nicht mit den Touchtasten am Lenkrad anfreunden und war froh, als ich sie in meinem Skoda Karoq (Baujahr 2023) nicht mehr antraf. Zweiter Punkt: Bitte VW, überarbeitet das Cockpit. Das Display für den Fahrer ist schlichtweg zu klein geraten, zumal ein Head-Up-Display fehlt. Und wenn ihr schon dabei seid, bitte dem Infotainmentsystem etwas mehr “Leistung” spendieren. Dritter Punkt: Der Preis ist Premium, die gewählten Materialien im Innenraum grösstenteils nicht. (Zu) viel Hartplastik trübt die sonst durchaus wertige Verarbeitung.

Auf der anderen Seite haben wir es beim VW ID. Buzz mit einem charismatischen Elektroauto zu tun. Kaum ein anderes Fahrzeug, das ich in den letzten Monaten testen durfte, erntete so viel Lob aus dem Umfeld und von fremden Person auf der Strasse. Ich muss gestehe, dass ich mich auch sehr auf diesen Test gefreut habe und die letzten zwei Wochen sehr gerne mit dem ID. Buzz um die Häuser gekurvt bin. Das Fahrverhalten ist für ein Elektroauto zwar gemächlich, aber trotzdem sehr angenehm. Dank des kleinen Wendekreis lässt sich der Elektro-Bulli vorzüglich durch enge Gassen und Parklücken steuern. Fortgeschrittene Assistenzsysteme erleichtern das Fahren zusätzlich. Das Platzangebot ist fürstlich, sowohl für Gepäck, als auch für die Insassen. Die Reichweite ist mit ca. 300 Kilometer unter winterlichen Bedingungen noch grad zufriedenstellend und Ladepausen dauern dank der hohen Ladegeschwindigkeit von bis zu 170 kW nicht allzu lange.

Alles in allem ist der VW ID. Buzz ein gelungener Elektro-Minivan für Familien, der jedoch ein stolzes Preisschild trägt. Letzteres war bei den Minivans von VW jedoch schon immer der Fall.