Den Google Friedhof kennst du sicherlich. Kein anderes Digitalunternehmen schafft es, so viele neue Produkte zu entwickeln und diese so schnell wieder zu begraben. Spätestens am 1. Juli 2013 hat es Google mit mir komplett verspielt. Selbstverständlich nutze ich auch heute noch die Dienste und Produkte des Suchmaschinenanbieters, aber keines, auf das ich auch nur zu 70 Prozent baue. Denn es ist nie gewiss, dass es mir zuverlässig zur Verfügung steht. Klingt etwas hart, ist aber leider so. Der Podcast ist das letzte, noch frei verfügbare Medium. Dem entgegen arbeiten aktuell Spotify wie auch Google ganz fleissig. Die letzten scheinen sich erneut selbst ins Bein geschossen zu haben.
Im heutigen Beitrag geht es um Google Podcasts, um YouTube Music und um YouTube Podcasts und was die drei Dienste bald alle gemeinsam haben.
Meister der Dienst-Einstellungen
Ganz kurz: Für alle, die sich nicht mehr erinnern können, was am 1. Juli 2013 passiert ist: Der Google Reader wurde damals eingestellt und hat dem guten alten RSS-Feed einen erheblichen Dämpfer verpasst. Gleichzeitig sind Netzwerke wie Twitter und Facebook in der breiten Masse angekommen und haben dem RSS-Feed fast den Gnadenschuss erteilt. Nachdem Facebook es bei vielen verbockt hat und Twitter auf einem ähnlichen Pfad wandelt, hat der RSS-Feed wieder ein leichtes Hoch.
Ein Dreierlei für den Podcast-Konsum
Google ist der unangefochtene Marktführer im Diensteabsägen. Etwas anderes haben sie aber noch besser drauf: Mehrere Apps für dieselbe Sache zu nutzen.
Kannst du dich noch an Google Hangout bzw. Google Meet erinnern?
Aufgrund der Coronapandemie hat Google Hangout deutlich länger überlebt als ursprünglich von Google angekündigt. Parallel führte der Suchmaschinenriese Google Meet ein, später folgten Google Duo und Google Alo. Beide Ankündigungen brachte ein grösseres Raunen in die Google-Welt.
Nach knapp 1.5 Jahren kündigte dann Google an, dass die Google Meet App im Google Duo-Messenger hätte aufgehen sollen. Doch später kam Google Meet wieder zurück, und noch schlimmer, es gibt seither eine Google Meet (original) App, sowie eine neue Google Meet App, die du im Play Store zum Download finden kannst. Noch verwirrender kann man es nicht gestalten für die eigene Nutzerschaft.
Kurzer Crash-Kurs im Hinblick auf Podcasts
Hier muss ich vielleicht noch kurz etwas Grundlagenwissen einschieben. Dabei sind zwei Begriffe wichtig: Podcast und Podcatcher.
Ein Podcast, ist, von der technischen Seite her, ein einfacher RSS-Feed (ein Web-Feed), welcher um eine Audio-Datei angereichert wird. Das ist die technische Grundlage eines RSS-Feeds. Dies wird so gemacht, dass ein jeder Mensch ganze Podcast Formate, aber auch einzelne Episoden frei anhören kann.
Ein Podcatcher ist eine App (oder eine Webanwendung) welche die oben genannten angereicherten RSS-Feeds einfängt, regelmässig prüft und bei neuen Episoden diese auch direkt in den Podcatcher lädt. So dass du immer die neusten Episoden eines Podcasts zum Anhören hast.
Dienstleistern wie Google und Spotify ist der offene Ansatz ein Dorn im Auge. Deshalb basteln diese auch immer ihre eigenen Lösungen, die etwas anders funktionieren, sie möchten ja mit den Plattformen auch Geld verdienen und Werbung ausspielen können. Darauf kann ich gerne auch ein anderes Mal in einem separaten Beitrag etwas detaillierter eingehen.
Entschuldigt, dieser kleine Exkurs war nötig, um auf die Podcast-Thematik einzugehen.
Google Podcasts: Podcatcher der Erste
Nach dem Chaos bei den Google Messengern hat es jetzt den Anschein, als würde Google dies in der Podcast-Welt wiederholen.
Viel zu spät hat Google, mit Google Podcasts einen eigenen Podcatcher auf den Markt gebracht.
Grundlegend ist die Idee gut: ein Podcatcher auf dem Smarpthone und einen Web-Client dazu. Das ganze noch synchron gehalten, damit du am Büro-PC einen Podcast starten und ihn später auf dem Heimweg, am iPhone oder deinem Android Smartphone weiterhören kannst. Bis vor wenigen Jahren hatte Pocket Casts hier als fast einziger Player eine Lösung dafür.
Leider aber ist Google Podcasts kein wirklicher Podcatcher. Ja, du kannst darin Podcasts abonnieren, ja du kannst damit Podcasts anhören, sogar auf verschiedenen Geräten. Im Hintergrund schraubt Google aber an komischen Stellschrauben. So bekommst du als Podcaster in regelmässigen Abständen von Google mitgeteilt, dass dein RSS-Feed nicht der richtige sei und sie einen besseren gefunden hätten. Als ob ich als Podcaster nicht ganz genau weiss, was ich für einen Feed habe. Dies macht das ganze Handling etwas mühsam.
Auch die Ankündigung der Optimierung der Google-Suche für Podcasts brachte viel Vorfreude mit bei den Podcast-Produzenten. Bedauerlicherweise hat Google die auch gleich wieder selbst zerschlagen. Denn wie sich herausstellte, ging es schlussendlich dabei nur darum, den hauseigenen Podcatcher zu pushen. Dies bekommt ein jeder Podcast Produzent mit, der in den monatlichen E-Mails auf die Download-Zahlen blickt.
YouTube Podcasts: Podcatcher, die Zweite
Mitte Februar hat Google angekündigt, mit YouTube Podcasts nun in den Bereich der Video-Podcasts einsteigen zu wollen. So wie es ausschaut, hat man bei Google Angst, dass sich hier Spotify ansonsten zu viel vom Kuchen abschneiden könnte. Dies kann sich Google, als Video-Plattform-Platzhirsch, natürlich nicht leisten.
Es macht, meiner Meinung nach auch Sinn, dass sich Google hier verstärkt breit macht. Doch wie schon beim normalen Podcatcher, wundert es mich, dass sich hier Google nicht bereits viel länger breit gemacht hat.
Sie haben die Technik, sie haben die Plattform und den Ruf, aber irgendwie hat man den Bereich voll verschlafen. Vor einigen Jahren haben sie hier grosse Teile an Twitch verloren, weil sie damals den Trend verpasst hatten. Es scheint aber, dass sie aus der Erfahrung beim Livestreaming gelernt haben.
Bis hierhin könnte das ganze noch Sinn ergeben. Eine Plattform für Audio-Podcasts und eine für Video-Podcasts. Doch Google wäre nicht Google, wenn sie wenige Tage später nicht eine neue Ankündigung machen würden.
YouTube Music: Podcatcher, die Dritte
Ende Februar, genauer gesagt am 27. Februar, keine fünf Tage nach der Ankündigung oben, ging es dann noch einen Schritt weiter.
Damals hat sich das YouTube Music-Team gemeldet und gemeint: “Ja eh, wir machen jetzt auch einen auf Podcast.” Bei YouTube Music soll es sich um einen “Audio first” Podcast handeln, die Google integrieren möchte. Also eine direkte Konkurrenz zu Google Podcasts, welcher eigentlich genau dafür gemacht ist und ein separater Podcast-Player darstellt.
Um auch hier nochmals in die Vergangenheit abzutauchen: Vielleicht magst du dich noch an Google Play Music erinnern? Genau das war der Vorgänger von YouTube Music. Darin hatte Google ganz früh auch mal mit Podcasts experimentiert. Sie wollten, ähnlich wie Spotify, Musik und Podcasts mischen. Das Vorhaben haben sie dann zum Glück schnell wieder verworfen. Nun aber möchte YouTube das genau gleiche wiederholen.
Ich frage mich immer wieder, ob bei dem grossen Konzern die einzelnen Divisionen voneinander wissen und miteinander reden. Es kann natürlich Sinn ergeben, diese ein wenig voneinander abzuschotten. Aber dann wäre es an der Leitung oben drin, den Überblick zu haben und eine gemeinsame Strategie zu verfolgen und voranzutreiben.
Fazit zur neuen Google Strategie
Einen Wermutstropfen hat das Ganze. YouTube Podcasts, wie auch die Podcast-Integration in YouTube Music soll erst einmal nur in den USA starten. Die Amerikaner dürfen wieder mal als Versuchskaninchen hinhalten.
Bei solchen Entscheiden ist die Hoffnung immer gross, dass solche Flausen dann jeweils bereits vergehen, bevor der Dienst zu uns nach Europa kommt.
Wer mich ein wenig verfolgt, weiss, dass ich kein grosser Fan von Video-Podcasts bin. Podcasts werden von den Zuhörer:innen höchstwahrscheinlich meist bei alltäglichen (Haus)-Arbeiten, dem Weg zur Arbeit oder auch in der Freizeit gehört werden. Dabei grösstenteils mit Kopfhörern auf und ohne einen Blick auf das Display. Dennoch gibt es auch hier ein paar Projekte, wo es Sinn machen kann, auf Video-Unterstützung zu bauen.
Ich hoffe, für alle Google-Podcasts-Nutzenden, dass uns die App weiterhin erhalten bleibt und wir weiterhin eine getrennte App nur für Podcasts haben. Ansonsten bekommen wir den gleichen Wirrwarr wie bei Spotify, die auch Musik mit Podcasts vermischen und somit keinen richtigen Podcatcher anbieten.
Ein Podcatcher ist mehr als nur eine App mit einem Play- und Pause-Button. Podcatcher leben durch ihre zahlreichen Funktionen und die Community dahinter.
Als aktiver Podcaster und Berater auf dem Gebiet werde ich auf jeden Fall das weitere Geschehen beobachten. Das gilt nicht nur bei Google, auch bei Spotify muss man ganz kritisch hinschauen. Zu guter Letzt natürlich auch Apple, auch wenn die vieles richtig gemacht haben über die letzten Jahre. Zumindest in der Strategie, der eigene Podcatcher ist eine andere Sache.
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